Parlamentskorrespondenz Nr. 570 vom 19.06.2013

Justizausschuss: ÖVP blockiert Änderung des "Mafia-Paragraphen"

Wien (PK)  - Eine heftige Debatte rund um einen Antrag der Grünen (17/A), in dem eine Klarstellung des Paragraphen 278a StGB ("Kriminelle Organisation") verlangt wird und der im sogenannten Tierschützer-Prozess in Wiener Neustadt zur Anwendung kam, dominierte den zweiten Teil des heutigen Justizausschusses. Die SPÖ-Vertreter Johannes Jarolim und Peter Wittmann zeigten sich äußerst verärgert darüber, dass die ÖVP die ursprünglich vereinbarte Lösung, die auch von den Justizsprechern aller anderen Fraktionen unterstützt worden wäre, gestern Nachmittag platzen ließ. ÖVP-Mandatar Franz Glaser wehrte sich gegen die Kritik und plädierte dafür, den Abschluss des Prozesses gegen die Tierschützer – fünf von 13 Freisprüchen wurden aufgehoben - abzuwarten; ein von ihm eingebrachter Vertagungsantrag wurde schließlich nach einer langen emotional geführten Debatte mit S-V-Mehrheit angenommen.

Weiters auf der Tagesordnung standen die Verlängerung des Urheberschutzes für MusikerInnen von 50 auf 70 Jahre, die gesetzliche Grundlage für die Schaffung einer Rechtsanwalts GesmbH & CO KG, die Verstärkung der justiziellen Zusammenarbeit in Europa sowie diverse internationale Übereinkommen.

Trotz Einigung der Justizsprecher keine Änderung des Strafgesetzbuchs

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) erläuterte nochmals seinen Antrag auf Änderung des Strafgesetzbuches, den er bereits im Jahr 2008 erstmals eingebracht hatte. Der Tatbestand im Paragraphen 278a StGB sollte in dem Sinn präzisierend klar gestellt werden, dass eine Bezugnahme auf Gewinnabsicht eingefügt und der Verweis auf "erheblichen Einfluss auf Politik und Wirtschaft" gestrichen wird. Es gebe wohl Konsens darüber, dass der in der Zwischenzeit stattgefundene Tierschützerprozess, bei dem es zu Freisprüchen gekommen ist, äußerst blamabel war und daraus Konsequenzen gezogen werden müssen. Auch die Justizministerin habe angekündigt, dass sie den Empfehlungen im Evaluierungsbericht entsprechen und einen Gesetzesentwurf vorlegen wird. Dazu ist es aber nie gekommen, kritisierte Steinhauser. Äußerst bedauerlich sei auch die Tatsache, dass trotz einer Einigung der Justizsprecher aller Fraktionen heute kein Antrag auf Änderung des Strafgesetzbuches beschlossen werden kann. Er habe gehört, dass für das Veto der ÖVP vor allem die Funktionäre des Bauernbunds verantwortlich sind.

Er habe sich in den eigenen Reihen massiv für eine Gesetzesänderung eingesetzt, erklärte Ausschussvorsitzender Peter Michael Ikrath (V), die Bedenken, die auch von Vertretern der Wirtschaft geäußert wurden, konnten jedoch leider nicht ausgeräumt werden. Dies bedauere er vor allem vor dem Hintergrund, dass der angesprochene Paragraph dem Schutzbedürfnis dieser Gruppen überhaupt nicht Rechnung trage. Sein Fraktionskollege Franz Glaser plädierte dafür, in politischen Verhandlungen immer die Interessen aller Betroffenen zu berücksichtigen. Grundsätzlich gebe es aber eine Veränderungsbereitschaft von Seiten der Volkspartei, betonte Glaser, allerdings wolle man noch den nächsten Prozess gegen die Tierschützer abwarten, da fünf Freisprüche aufgehoben wurden.  

Äußerst verärgert über die Vorgangsweise der Volkspartei zeigte sich Abgeordneter Johannes Jarolim (S), zumal es völlig außer Streit stehe, dass der Paragraph 278a StGB geändert werden müsse. Mit dieser Art der Politik könne er jedenfalls nicht leben. Auch Abgeordneter Peter Wittmann (S) zeigte sich bestürzt und sprach von einer Bankrotterklärung des Parlaments, wenn der Ausgang von Urteilen bezüglich Sachbeschädigung mit der Änderung eines Terrorismusparagraphen verbunden werde.

Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) konnte den Ärger der SPÖ-Politiker nachvollziehen, da es um die Reparatur eines Paragraphen gehe, der "zur unsinnigen Anwendung aufreizt". Das ganze Verfahren in Wiener Neustadt könne nur als kläglich bezeichnet werden und habe dem Ansehen der Justiz zutiefst geschadet. Außerdem liege ein wissenschaftliches Gutachten einer Universitätsprofessorin vor, die drei akzeptable Änderungsvorschläge gemacht habe. Auch Abgeordneter Gerald Grosz (B) bezeichnete den Tierschützerprozess als einzigartige Blamage und forderte eine rasche Gesetzesänderung.

Justizministerin Beatrix Karl unterstrich, dass sie immer für eine Änderung des Paragraphen 278a StGB eingetreten sei und auch eine Evaluierungsstudie in Auftrag gegeben habe, in der schließlich drei Lösungsvarianten aufgezeigt wurden. Um eine Anlassgesetzgebung zu vermeiden, habe sie aber immer dazu tendiert, die Rechtskraft der Urteile abzuwarten. Es obliege aber natürlich dem Parlament darüber zu entscheiden, ob eine Novellierung schon früher gewünscht werde.

Urheberschutz für MusikerInnnen wird auf 70 Jahre verlängert

Eine Urheberrechts-Novelle, die auf Grundlage eines Initiativantrags der Regierungsparteien (2338/A) mit S-V-Mehrheit beschlossen wurde, verlängert die Dauer der Leistungsschutzrechte der Tonträgerhersteller und der ausübenden Künstler, deren Darbietungen auf Tonträgern festgehalten sind, von bisher 50 auf nunmehr 70 Jahre nach der Erstveröffentlichung. Vorgesehen sind auch eine Reihe begleitender Maßnahmen für ausübende Künstler, wie etwa ein Rechtsverlust des Herstellers zugunsten des ausübenden Künstlers bei mangelnder Nutzung während der verlängerten Schutzdauer, ein Fonds für Studiomusiker sowie abzugsfreie Tantiemen für die verlängerte Schutzdauer.

Abgeordneter Johannes Hübner (F) hielt diese Verlängerung, die wohl auf Betreiben der großen Musikkonzerne zustande kam, für sachlich nicht gerechtfertigt. Dieser Meinung schloss sich auch G-Mandatar Wolfgang Zinggl an, der einen dringenden Reformbedarf beim Urheberrecht sah.

Justizministerin Beatrix Karl wies zunächst darauf hin, dass es sich dabei um eine Umsetzung von EU-Rechtsakten handle, die auch Österreich nachvollziehen müsse. Sie plane schon seit langem eine Reform des Urheberrechts, das an das Internetzeitalter angepasst werden müsse, die diversen Interessen liegen derzeit aber noch sehr weit auseinander. In der nächsten Gesetzgebungsperiode werde es aber sicher einen Gesetzesentwurf geben, kündigte sie an.

Rechtsanwalts GesmbH & CO KG findet Eingang ins Gesetz

Einstimmig angenommen wurde ein Berufsrechts-Änderungsgesetz (2378 d.B.), das die berufsrechtlichen Voraussetzungen für die Gründung einer Rechtsanwalts GesmbH & CO KG schafft. Dadurch sollen flexiblere Geschäftsbeteiligungsmodelle insbesondere für jüngere RechtsanwältInnen ermöglicht werden. Diesen wird durch das Gesetz nun zunächst die Gesellschafterstellung eines Kommanditisten innerhalb der GesmbH & CO KG eingeräumt, wobei die Möglichkeit besteht, diese Stellung sukzessive auszubauen. Gegenüber der Rechtsanwalts GesmbH bietet die CO KG überdies flexible Entnahme- und gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, am Prinzip der persönlichen rechtsanwaltlichen Berufsausübung ändert die Zulassung zur Rechtsanwalts GesmbH & CO KG nichts.

Verstärkung der justiziellen Zusammenarbeit in Europa

Sodann wurden Änderungen des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der EU (2379 d.B.) in der Fassung eines Abänderungsantrages der Regierungsparteien, der lediglich Redaktionsfehler bereinigte, mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ angenommen. Die Novellierung dient der Umsetzung von Rahmenbeschlüssen der Union betreffend die gegenseitige Anerkennung von Urteilen und Bewährungsentscheidungen und schafft damit die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen, die in einem anderen EU-Staat in Bezug auf eine im Inland lebende Person angeordnet wurden. Damit im Zusammenhang stand auch ein – abgelehnter - Antrag der FPÖ (275/A(E)), der den Abschluss entsprechender Staatsverträge fordert, um die Haftverbüßung von in Österreich verurteilten Ausländern in ihrem Heimatstaat zu ermöglichen.

Während Abgeordneter Harald Stefan (F) der Ansicht war, dass der Fokus darauf gerichtet werden müsse, dass Straftäter ihre Haft im Ausland verbüßen, war G-Justizsprecher Albert Steinhauser der Meinung, dass mit dem Gesetz der richtige Weg beschritten wird.

Erwachsenenschutz, Kampf gegen Korruption und Gewalt gegen Frauen, Patentgericht

Einstimmig genehmigte der Ausschuss ein Strafrechtsübereinkommen (2364 d.B.), das gemeinsame Standards bei der Korruptionsbekämpfung schafft und die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet verbessert. Ein ebenfalls einstimmig angenommenes Zusatzprotokoll (2365 d.B.) erstreckt dabei die Reichweite des Übereinkommens auch auf Schiedsrichter.

Konsens bestand im Ausschuss weiters betreffend ein Übereinkommens des Europarats (2449 d.B.) das die Mitgliedstaaten zu verstärkten Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und von häuslicher Gewalt verpflichtet.

Mit den Stimmen aller Fraktionen wurden auch Erwachsenenschutzgesetz (2404 d.B.) und das damit im Zusammenhang stehende Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen (2448 d.B.) angenommen. Ziel der Bestimmungen ist vor allem die Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen zum Schutz von Personen und des Vermögens von Erwachsenen, die aufgrund einer Beeinträchtigung oder der Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen.

Mit S-V-F-Mehrheit beschloss der Ausschuss schließlich noch ein internationales Übereinkommen (2447 d.B.), durch das ein Einheitliches Patentgericht mit Sitz in Paris und Nebenstellen in München und London eingerichtet wird. Die Union strebt damit eine zentrale Rechtsdurchsetzungsmöglichkeit mit qualitativ hochwertigen Entscheidungen in Patentsachen an. (Schluss) sue