Parlamentskorrespondenz Nr. 534 vom 14.06.2013

Wieder großes Lob für die Arbeit der Volksanwaltschaft

Wien (PK) – Terezija Stoisits und Peter Kostelka hatten aus Anlass der Präsentation des Tätigkeitsberichts der Volksanwaltschaft für das Jahr 2012 in der heutigen Sitzung des Nationalrats ihren letzten parlamentarischen Auftritt. Ihre Funktion läuft Ende Juni aus, ihnen folgen Günther Kräuter und Peter Fichtenbauer im Amt. Volksanwältin Gertrude Brinek wird ihre Tätigkeit für weitere sechs Jahre ausüben.

Zunächst gab aber Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bekannt, dass BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner verlangt hat, dem Verfassungsausschuss zur Vorbehandlung des Antrags seines Klubs zur Entstaatlichung des ORF eine Frist bis 2. Juli 2013 zu setzen. Die Debatte darüber findet um 15.00 Uhr statt. Danach wird über das Verlangen abgestimmt.

Des Weiteren haben die Abgeordneten Otto Pendl (S) und Günter Kößl (V) beantragt, dem Innenausschuss zur Vorberatung des Protokolls gegen unerlaubte Herstellung von Waffen, sowie zur Vorberatung der Regierungsvorlagen hinsichtlich der Anpassungen an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Novellen zum Staatsbürgerschaftsgesetz und zum Zivildienstgesetz, ferner zum Exekutivdienstzeichengesetz und Verwundetenmedaillengesetz und zum Sicherheitspolizeigesetz eine Frist bis zum 3. Juli 2013 zu setzen.

Die Abgeordneten Stefan Prähauser (S) und Oswald Klikovits (V) haben zudem verlangt, dem Landesverteidigungsausschuss zur Vorbehandlung der ressortspezifischen Anpassungen an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Berichts über die österreichische Sicherheitsstrategie eine Frist bis zum 2. Juli zu setzen.

Da zu diesen beiden Fristsetzungsanträgen keine Debatte verlangt wurde, findet die Abstimmung darüber erst nach Beendigung der Tagesordnung statt.

Großes Lob mit dunklen BZÖ-Eintrübungen

Einen großen Teil des 36. Berichts der Volksanwaltschaft nimmt die 2012 in Kraft getretene neue Funktion der Volksanwaltschaft ein, neben ihren Beschwerdeprüfungen auch präventive Kontrollen möglicher Fälle von Menschenrechtsverletzung durchzuführen. Bei den regelmäßige Kontrollbesuchen öffentlicher und privater Einrichtungen, in denen Menschen mit oder ohne Behinderung die Freiheit entzogen wird und wo sie Gefahr laufen, unmenschlich behandelt zu werden, stellten die seit letztem September prüfenden Kommissionen der Volksanwaltschaft bereits eine Reihe von Mängeln fest. Besonders in Justizanstalten, Polizeianhaltezentren sowie in Pflegeheimen und psychiatrischen Einrichtungen gab es Beanstandungen.

Die Abgeordneten würdigten allseits die Arbeit der Volksanwaltschaft, lediglich das BZÖ äußerte sich kritisch über den Bestellungsmodus und verlangte eine Direktwahl der VolksanwältInnen sowie eine umfassende Reform dieses Kontrollorgans des Parlaments.

BZÖ kritisiert Stoisits und Kostelka und verlangt Direktwahl der VolksanwältInnen

Es stehe völlig außer Streit, dass die VolksanwältInnen eine sehr wichtige Aufgabe im Rahmen der parlamentarischen Demokratie erfüllen, stellte Abgeordneter Stefan PETZNER (B) einleitend fest. Es könne jedoch nicht angehen, dass ein solch wichtiges Amt dazu missbraucht werde, um Parteipolitik zu betreiben, kritisierte der BZÖ-Mandatar, und das sei in den letzten Jahren leider der Fall gewesen. So habe etwa Terezija Stoisits, die eine Vorgeschichte bei den Grünen habe, die Volksanwaltschaft zu einer Art Asyllobby umfunktioniert. Zahlreiche Beispiele finde man auch bei Peter Kostelka, bemängelte Petzner, dieser habe sich u.a. in den laufenden EU-Wahlkampf eingeschaltet oder vertrauliche Dokumente und Briefe an die Medien gespielt. Dieses Fehlverhalten sollte seiner Meinung zum Anlass genommen werden, um sich über eine Reform der Volksanwaltschaft Gedanken zu machen. Seine Fraktion trete u.a. dafür ein, dass die VolksanwältInnen in Hinkunft direkt von den BürgerInnen gewählt werden. Dazu brachte er auch einen entsprechenden Entschließungsantrag ein.

Konsens der anderen Parteien über gute und wichtige Arbeit der Volksanwaltschaft

Abgeordneter Hannes FAZEKAS (S) wies die Vorwürfe seines Vorredners gegenüber der Volksanwaltschaft aufs Schärfste zurück. Statt in den Ausschusssitzungen persönliche Kleinkriege mit den VertreterInnen dieser wichtigen Institution zu führen, sollten sich die MandatarInnen besser darauf konzentrieren, wie man den Anliegen der BürgerInnen noch besser gerecht werden könne, meinte er. Fazekas gratulierte den VolksanwältInnen für ihre gute und umfangreiche Arbeit, was auch von der Bevölkerung in hohem Maße anerkannt werde.

Auch Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) bezeichnete die Volksanwaltschaft als sehr wichtige und gute Einrichtung, was die hohe Anzahl an Fällen beweise, mit denen die MitarbeiterInnen täglich zu tun haben. Außerdem ergäben sich aus den Erfahrungen der Volksanwaltschaft wertvolle und hilfreiche Inputs für die Abgeordneten und somit für die Gesetzgebung, hob der ÖVP-Redner hervor. Ab Juli 2012 sei noch eine zusätzliche Aufgabe auf die Volksanwälte hinzugekommen, nämlich diverse Einrichtungen auf die Einhaltung der Menschenrechte zu überprüfen, informierte Klikovits, und bis dato gebe es in diesem Bereich bereits 133 Geschäftsfälle.

Als Vorsitzender des Volksanwaltschaftsausschusses bedankte sich Abgeordneter Harald STEFAN (F) für die gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Der von Petzner geäußerten Kritik könne er sich nicht anschließen, da niemand seine Gesinnung abgebe, wenn er bei der Volksanwaltschaft arbeitet. Wichtig sei nur, dass nicht mit ideologischen Scheuklappen gearbeitet werde. Die Volksanwaltschaft selbst ist seiner Meinung nach eine Erfolgsgeschichte, die von der Bevölkerung sehr gut angenommen werde. Seine Fraktion sehe aber sehr wohl Reformbedarf, u.a. was die Prüfung der ausgegliederten Institutionen oder die Zusammenfassung aller Ombudsstellen betrifft.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) schloss sich dem Lob gegenüber der Volksanwaltschaft an. Es handle sich dabei um eine wirklich wichtige Einrichtung, die den BürgerInnenn die Möglichkeit gebe, ihren Unmut zu äußern und dabei auch ernst genommen werden. Gerade das aktuelle Team habe seiner Meinung nach eine sehr gute Arbeit geleistet, wofür es zahlreiche Belege gebe. Einer davon sei der umfangreiche, übersichtliche Bericht, der auch in diesem Jahr abermals verbessert worden sei. Besonders positiv bewertete Zinggl die Umsetzung der neuen OPCAT-Aufgaben, also die Kontrolle all jener Einrichtungen, in denen Menschen gegen ihren Willen angehalten werden. Aufgefallen sei ihm dabei aber, dass im Bericht immer wieder auf Probleme bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Innenministerium hingewiesen wird, fügte er kritisch hinzu.

Auch Abgeordneter Erich TADLER (T) ging auf die neuen Aufgaben der Volksanwaltschaft ein, die sich u.a. aus dem OPCAT-Durchführungsgesetz ergeben. Seitdem dürfen etwa öffentliche und private Einrichtungen überprüft werden, in denen es zu Freiheitsbeschränkungen kommt oder kommen kann. Trotzdem habe die Volksanwaltschaft ihre normale Tätigkeit nicht vernachlässigt und ein enormes Arbeitspensum an den Tag gelegt, hob Tadler hervor, im Jahr 2012 seien über 15.600 Beschwerdefälle behandelt worden.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) wies in seiner Wortmeldung darauf hin, dass es im Vorjahr keine einzige Beschwerde hinsichtlich der Vereinssachwalterschaft gegeben hat, die sich offenbar höchster Anerkennung erfreue. Zahlreiche Probleme habe es jedoch mit beruflichen SachwalterInnen gegeben, wie man im Bericht nachlesen könne. Er sei daher der Auffassung, dass sich das Justizministerium sehr rasch mit dieser Thematik befassen sollte. Erfreulich sei auch, dass fast alle Einsprüche der Volksanwaltschaft in Pflegegeldfragen von Erfolg gekrönt waren.

Man dürfe nicht vergessen, dass hinter den Zahlen und Fakten – über 15.600 Beschwerdefälle – immer Menschen und ihre Schicksale stehen, deren Sorgen in der Volksanwaltschaft ernst genommen werden, konstatierte Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V). Gerade ältere Menschen, die sich im Behördendschungel oft nicht mehr zurechtfinden, schätzen den persönlichen Kontakt zu dieser wichtigen Institution, war die Rednerin überzeugt. Ein aktuelles Beispiel sei die Forderung von Seiten des deutschen Fiskus nach Steuernachzahlungen bei österreichischen PensionistInnen, die aus der BRD Renten erhalten. Auch hier sei es dank der Bemühungen der Volksanwaltschaft zu massiven Verbesserungen für die Betroffenen gekommen.

Fichtenbauer und Kräuter verabschieden sich als Abgeordnete

Die Volksanwaltschaft sei 1973 eine große Neuerung gewesen, die man unterdessen als Selbstverständlichkeit wahrnehme, stellte der designierte neue Volksanwalt Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) fest. Fichtenbauer nutzte die Gelegenheit für eine Abschiedsrede als Abgeordneter und betonte das Privileg, hier wirken zu können. Das Verständnis von Parlamentarismus sei für ihn eng mit der Beteiligung der liberalen Kräfte am Verfassungsstaat verknüpft. Die Frage der politischen Gestaltung der Zukunft stelle für die derzeitige Generation eine große Herausforderung dar. Friede und Menschenrechte seien vielerorts bedroht. Die europäische Staatengemeinschaft beschrieb Fichtenbauer als Wertegemeinschaft, die auf drei Säulen, nämlich griechische Philosophie, römisches Staatsrecht und Wirken des Christentums, beruhe. Die Grund- und Freiheitsrechte müssten in der Gesetzgebung und Anwendung der Gesetze stets im Mittelpunkt stehen, sagte der Abgeordnete und schloss mit der Antwort des Philosophen Ulpian auf die Frage, was Recht sei: "Ehrenhaftes Leben, jedem das Seine zuteilen und Niemanden verletzen." Gerade Letzteres zu beachten sei sein Appell an seine ZuhörerInnen, so Fichtenbauer.

Abgeordneter Günter KRÄUTER (S) dankte allen, die den neuen Mitgliedern der Volksanwaltschaft geholfen haben, damit sie ab Juli ihre neue Funktion voll übernehmen können.

Zweiter Nationalratspräsident Fritz NEUGEBAUER (V) wünschte den Abgeordneten mit dem Spruch "Frohes Schaffen – hoher Wirkungsgrad" alles Gute für deren neue Aufgabe als Volksanwälte.

Volksanwaltschaft als "Menschenrechtshaus der Republik"

Die Frage des Bestellungsmodus der Volksanwälte sei sicher einmal zu diskutieren, meinte Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S) eingangs ihrer Wortmeldungen. Unbestritten sei jedoch der hohe Stellenwert der Volksanwaltschaft für die Menschen, das zeige auch der vorliegende Bericht. Die Abgeordnete nahm Bezug auf die Rolle der Volksanwaltschaft als einem "Menschenrechtshaus der Republik" und meinte, mit der neuen Aufgabe der präventiven Kontrolle zusätzlich zur nachprüfenden Kontrolle sei ihr Aufgabenbericht sehr weit gesteckt. Viele Vorschläge der Volksanwaltschaft seien bereits umgesetzt worden, etwa das Wochengeld für Selbständige, das TOP-Ticket für Jugendliche oder mehr Flexibilität beim Kindergeld, vieles gelte es aber noch umzusetzen.

Abgeordneter Bernd SCHÖNEGGER (V) hob ebenfalls die Aufgaben der Volksanwaltschaft im Menschenrechtsbereich hervor, die auch die Kontrolle der Justizanstalten einschließt. Hier habe sie Probleme bei der psychologischen Betreuung von Personen im Maßnahmenvollzug aufgedeckt. Darauf werde jetzt mit einer besseren psychotherapeutischen Betreuung reagiert, sagte er. Er merkte auch an, dass Unterhaltsverfahren noch immer zu lange dauern, hier sollte etwas geschehen.

Wie seine VorrednerInnen sprach Abgeordneter Werner HERBERT (F) der Volksanwaltschaft Dank und Anerkennung aus und betonte deren hohes Ansehen in der Bevölkerung. Er wies auf zwei Fälle hin, wo die Volksanwaltschaft aufgezeigt habe, dass noch Regelungsbedarf vorhanden ist. Das betreffe einerseits Kosten- und Schadenersatz bei Auffindung von Kriegsrelikten, wo auch der OGH bereits die Schaffung einer Rechtsgrundlage gefordert hat. Diese stehe aber noch aus. Andererseits gehe es um die ungelöste Frage des Kostenersatzes für jene Fälle, wo von der Exekutive im Zuge der Gefahrenabwehr oder der Hilfeleistung Güter von BürgerInnen in Anspruch genommen werden. Hier hoffe er auf eine baldige Lösung.

Auch Abgeordneter Johann HECHTL (S) zeigte sich beeindruckt vom Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft. Die neuen Aufgaben bestätigten deren Bedeutung und Kompetenz. Die Volksanwaltschaft sei auch eine wichtige Unterstützung der Arbeit der Abgeordneten, betonte er, die Politik sei daher gefordert, der Volksanwaltschaft die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen. Hechtl hielt Abgeordnetem Petzner vor, dass er es gewesen sei, der im Volksanwaltschaftsausschuss Parteipolitik hineingebracht habe.

Für Abgeordnete Adelheid FÜRNTRATH-MORETTI (V) war besonders erfreulich, dass die Anregung der Volksanwaltschaft nach einer Ausdehnung von Schülerfreifahrten bereits von einigen Bundesländern aufgenommen wurde. Das TOP-Jugendticket gelte für SchülerInnen und Lehrlinge, es entlaste die Familien und erleichtere die Freizeitgestaltung. Die Abgeordnete dankte der Volksanwaltschaft und all jenen, die dieses Jugendticket gefordert und umgesetzt haben.

Nicht weniger als 63 Beschwerden pro Tag werden an die Volksanwaltschaft herangetragen, konstatierte Abgeordneter Christian LAUSCH (F). Das illustriere ihre hohe Bedeutung. Der Bericht gebe den ParlamentarierInnen wichtige Informationen in die Hand. Was die Therapie von StraftäterInnen angehe, sah Lausch die Forderung nach möglichst kurzer Anhaltung für die Fälle von geistig abnormen RechtsbrecherInnen als problematisch an. Bei diesen Fällen seien oft lange Beobachtungszeiträume erforderlich, bevor eine adäquate Therapie festgelegt werden könne. Es müsse sichergestellt sein, dass nur gesundete Personen in das Alltagsleben zurückkehren, hielt er fest.

Kaum eine Einrichtung sei so akzeptiert wie die Volksanwaltschaft, unterstrich Abgeordneter Wolfgang GROSSRUCK (V). Er wolle sich dem Dank an sie anschließen, die VolksanwältInnen seien "drei zusätzliche Nothelfer", sagte Großruck. Er wisse aus seiner Tätigkeit als Bürgermeister, was für eine exzellente Bürgerservicestelle sie darstelle. Großruck dankte auch dem ORF, der diese Einrichtung durch seine Sendungen bekannt mache. Sehr positiv sei, dass die Volksanwaltschaft mit ihrer Erfahrung auch vergleichbaren Institutionen in anderen Ländern beistehe.

Stoisits: Volksanwaltschaft ist Seismograph für die Qualität der Anwendung von Gesetzen

Volksanwältin Terezija STOISITS dankte im Namen ihrer KollegInnen und MitarbeiterInnen für die lobenden Worte. Das Kollegialorgan Volksanwaltschaft könne das, was im Bericht seinen Niederschlag finde, nur aufgrund des exzellenten Teams, das dahinter steht, leisten. Wichtig sei auch, dass der Nationalrat Mittel aus Steuergeldern zur Verfügung stellt. Die Menschen finanzierten sich damit diese Einrichtung selbst.

Stoisits betonte, ein Schwerpunkt der Arbeit sei durch die Kompetenzerweiterung in der Wahrnehmung der Menschenrechtskontrolle gegeben. Die Kommissionen der Volksanwaltschaft haben von Jänner bis Mai dieses Jahres bereits insgesamt 252 Besuche an Orten von Freiheitsentziehung oder möglicher Freiheitsentziehungen durchgeführt. Das seien soziale Einrichtungen wie Alters- und Pflegeheime, Strafanstalten und Polizeieinrichtungen. Sie erfülle damit ihren gesetzlichen Auftrag, sagte Stoisits, und meinte, sie sei sicher, dass die Volksanwaltschaft in diesem Bereich bald ein Best Practice Model für andere Länder darstellen werde. Was die Verhinderung von Folter betreffe, so beginne Folter bereits dort, wo Menschen in ihrer eigenen Verfügungsmöglichkeit beschränkt werden, erläuterte Stoisits. Das könne etwa eine medikamentöse Ruhigstellung von Menschen in Pflegheimen sein, oder wenn ein Polizeiarrest nur verschmutzte Matratzen zur Verfügung stellt. Die Volksanwaltschaft setze sich mit allen diesen Fällen auseinander.

Das Recht auf gute Verwaltung bedeute vor allem die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen von Verwaltungsbehörden. Hier habe die Komplexität von Gesetzen in den letzten Jahren enorm zugenommen. Das belaste die MitarbeiterInnen von Behörden und noch mehr die BürgerInnen. Die Volksanwaltschaft sei ein Seismograph für die Qualität der Anwendung von Gesetzen. Sie wolle aus ihrer Beobachtung dem Hohen Haus auch mitgeben, dass Föderalismus nicht ausufern dürfe. Sie sei deshalb auch enttäuscht, dass viele Einsichten, die der Österreich-Konvents gewonnen habe, Jahre später noch immer keine Umsetzung gefunden haben.

Das Thema Menschenrechte begleite ihre Tätigkeit seit vielen Jahren, sagte Stoisits. Es habe viele Facetten, das gehe vom Verhalten der Polizei bei Kontrollen, über die Frage, ob man Parteistellung bei Umweltproblemen in der Nachbarschaft erhalten könne, bis zu Fragen der Integration. Bauern und Bäuerinnen würden sie sehr oft mit Fragen von für sie unverständlichen Rückforderungen konfrontieren.

Abschließend bedankte sich Stoisits für das ihr in den letzten sechs Jahren geschenkte Vertrauen. Sie war überzeugt, dass die neuen Mitglieder des Kollegiums die Arbeit bestens fortsetzen werden.

Kostelka: Bewusstwerdungsprozess gegen Kultur des Wegschauens notwendig

Der scheidende Volksanwalt Peter KOSTELKA hielt fest, die Volksanwaltschaft habe eine Zwischenetappe ihrer Geschichte erreicht. Die Verwaltung sei im Wandel befindlich, sie sei bürgernäher und weniger hoheitlich geworden. Trotzdem gebe es alte wie neue Probleme. Budget- und Personalrestriktionen führten zu Druck auf die Behörden, der an die BürgerInnen weitergeben werde. Der Gesetzgeber setze zwar Schritte, um Diskriminierungen zu verhindern, davon seien aber noch nicht alle in der Verwaltung angekommen.

In ihrer Rolle als zentrale Menschenrechtsagentur der Republik sei die Volksanwaltschaft erst am Anfang. Insgesamt 4.300 Einrichtungen seien zu kontrollieren. In vielem habe lange eine Kultur des Wegschauens geherrscht. Es sei deshalb wichtig, einen Bewusstwerdungsprozess einzuleiten. Fehlentwicklungen aufzeigen, sie diskutieren und abstellen, sei die Aufgabe der Volksanwaltschaft. Es gelte auch, gesetzliche Vereinheitlichungen in solchen Einrichtungen herbeizuführen, denn es sei nicht einzusehen, warum Pflegeheime nach Bundesländern unterschiedliche Standards haben. Auch der Umgang mit Behinderten entspreche nicht immer der Forderung der Inklusion von Seiten des Gesetzgebers.

Die Volksanwaltschaft ist Hilfsorgan des Nationalrats, hielt Kostelka fest. Sie habe Verständnis für Verwaltung wie für das Hohe Haus. Sie verstehe sich als Klammer zwischen Nationalrat und BürgerInnen und als Kontrolle der Vollziehung der Gesetze. Ihre internationale Tätigkeit sei wichtige Entwicklungshilfe in Sachen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit.  

Auf die Kritik von Abgeordnetem Petzner eingehend, erläuterte Kostelka die Abfolge der Ereignisse aus seiner Sicht. Er hielt fest, dass er ganz bewusst Termine so geplant habe, dass eine Beeinflussung der Kärntner Landtagswahlen vermieden werden konnte. Den Vorwurf eines Eingriffs in eine politische Diskussion weise er daher entschieden zurück.

Brinek: Bin "Sorgenbrecherin"

Volksanwältin Gertrude BRINEK interpretierte ihre Aufgabe mit den Worten, es gehe darum, über den Tellerrand hinauszuschauen und dabei vor keinem gesellschaftspolitischen Thema zurückzuschrecken, habe die Volksanwaltschaft doch auch die Möglichkeit, dem Parlament rückzumelden, wie Österreich tickt. Brinek versicherte, sie werde ihre Funktion auch weiterhin in diesem Sinn ausüben und eine "Sorgenbrecherin" sein in allen Angelegenheiten, die die Menschen an sie herantragen.

Bei der Abstimmung wurde der Bericht mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Der Entschließungsantrag des BZÖ betreffend Direktwahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft blieb in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat) jan/sue/sox