Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl: Nationalrat gibt grünes Licht
Dialog zwischen Exekutive und Bevölkerung soll intensiviert werden
Wien (PK) – Der Nationalrat gab heute nach einer kontroversen Debatte mit den Stimmen der Koalitionsparteien mehrheitlich grünes Licht für die Einrichtung eines Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Der Beschlussfassung im Plenum war ein umfangreiches Expertenhearing im Innenausschuss vorangegangen (siehe PK-Meldungen Nr. 553/2012 und Nr. 582/2012).
Das BFA wird als eine dem Innenministerium unmittelbar nachgeordnete Behörde eingerichtet. Es soll nicht nur die Aufgaben des Bundesasylamts übernehmen, also erstinstanzlich über die Zuerkennung bzw. Aberkennung von Asyl entscheiden, sondern auch für die Anordnung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wie Abschiebungen, die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde und die Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zuständig sein. Die tatsächliche Durchführung von Abschiebungen und der Vollzug in den Polizeianhaltezentren bleibt allerdings in der Kompetenz der Landespolizeidirektionen. Auch an der geltenden Zuständigkeit für Aufenthaltsbewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bzw. dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (z.B. Ausstellung einer "Rot-Weiß-Rot-Karte"), den sonstigen Kompetenzen der Fremdenpolizei wie Aufenthaltsüberprüfungen und Zurückschiebungen sowie den Zuständigkeiten für Visaangelegenheiten und für allgemeine Integrationsfragen ändert sich nichts.
Angenommen wurde weiters – ebenfalls mit den Stimmen der Koalitionsparteien - eine im Innenausschuss vorgelegte Entschließung, in der die Regierungsparteien auf die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshof sowie auf die Vorgaben der EU hinweisen und auf eine entsprechende Novelle der fremdenrechtlichen Materiengesetze drängen. Darüber hinaus wird eine Adaptierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes angeregt, die Regeln für Personen schafft, welche irrtümlicherweise davon ausgegangen sind, Österreicher zu sein, und überdies auch jene Menschen berücksichtigt, die ohne ihr Verschulden die Kriterien für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht erfüllen können. Die Ministerin wird schließlich aufgefordert, dem Parlament einen Bericht über Maßnahmen zugunsten der Opfer von Menschenhandel vorzulegen.
Mit S-V-G-Mehrheit befürworteten die Abgeordneten schließlich eine Initiative der Abgeordneten Wolfgang Großruck (V) und Franz Kirchgatterer (S), in dem sich diese für einen Ausbau des Dialogs zwischen der Exekutive und den BürgerInnen einsetzen. Sie beziehen sich dabei auf das Programm "Polizei Macht Menschenrechte" und auf den strukturierten Dialog zwischen Polizei und verschiedenen Gesellschaftsgruppen.
Asyl- und Fremdenwesen – komplex und umstritten
Die Opposition zeigte sich mit dem geplanten Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unzufrieden. Grüne, FPÖ und BZÖ kritisierten die Vorlage als unausgegoren und bemängelten vor allem die schwere Lesbarkeit und Kompliziertheit der Materie. Die Regierungsparteien wiederum erwarten sich raschere Verfahren und damit Einsparungen sowie mehr Klarheit für die Betroffenen.
Eingeleitet wurde die Debatte durch Abgeordneten Harald VILIMSKY (F). Er forderte eingangs seiner Rede die Grünen auf, einen Facebook-Eintrag, der eindeutig zu Gewalt gegen Freiheitliche Abgeordnete aufrufe, zur Anzeige zu bringen und gegen die Radikalisierung der politischen Atmosphäre vorzugehen.
Das Asylwesen sei ein in der öffentlichen Debatte kontrovers diskutiertes Thema, sagte er und zitierte eine Reihe von Medienberichten, in denen über kriminelle Taten von Asylwerbern berichtet wird. Österreich könne auf eine Tradition der Offenheit für Menschen, die verfolgt wurden und Schutz benötigten, zurückblicken. Er erinnere an die Ungarnkrise oder den Prager Frühling oder den Bosnienkrieg. Im letzteren Fall hätten aber schon Probleme begonnen, da man für Menschen aus Bosnien den Status des Kriegsflüchtlings geschaffen habe, sich aber auch nach Ende des Krieges 70.000 für den Verbleib in Österreich entschieden hätten und nicht in die Heimat zurückkehren wollten. Heute habe man es mit einer betrügerischen Mafia rund um das Asyl zu tun, welche die angesprochenen Probleme schaffe.
Das Bundesministerium für Inneres habe versucht, durch die Bündelung von Kompetenzen an einer Stelle auf diese Probleme zu reagieren, es aber verabsäumt, inhaltliche Verbesserungen durch eine Verschärfung der Bestimmungen für AsylwerberInnen zu erreichen, kritisierte Vilimsky. Stattdessen habe man zwei zusätzliche Aufenthaltstitel geschaffen. Ein Hearing im Innenausschuss habe gezeigt, dass die Gesetzeslage hier viel zu komplex geworden sei, als dass sie für AsylwerberInnen wie für jene, die ihre Lage bewerten müssten, noch zu durchschauen sei. Die Freiheitlichen hätten daher die Vertagung beantragt, um über den Sommer ein lesbares Gesetz zu erarbeiten. Leider sei dieser abgelehnt worden und anstelle den Umgang mit illegalen und kriminellen Asylwerbern zu verschärfen, sei das Asylgesetz noch liberalisiert worden. Die Freiheitlichen würde daher nicht zustimmen.
Abgeordneter Günter KÖSSL (V) wies darauf hin, dass der Ausschuss eine Entschließung gefasst habe, das Asyl- und Fremdenrecht im Herbst zu diskutieren und es zu novellieren. Hier gehe es um strukturelle Veränderungen durch die Schaffung eines Bundesamts für Fremdenrecht und Asyl, nicht um Rechtsmaterien. Das sei eine positive strukturelle Änderung, die für die Weiterentwicklung des guten österreichischen Asyl- und Fremdenrechts wichtig sei, aber auch ein Schritt der Verwaltungsreform, stellte er fest. Hier würden Kompetenzen und Ressourcen gebündelt, Doppelgleisigkeiten abgebaut und die Verwaltung vereinfacht. Die Kompetenzverschiebungen bedingen ihm zufolge teilweise auch rechtliche Veränderungen. Mit 1. Jänner 2014 werden alle asyl- und fremdenrechtlichen Belange der ersten Instanz vom Bundesamt erledigt. Statt wie bisher 194 Behörden werden nun ein Bundesamt und neun Landesämter zuständig sein. Das Bundesamt sei mit allen Asylangelegenheiten befasst, auch mit dem Humanen Bleiberecht. Damit schaffe man klare Kompetenzaufteilungen. Es sei ein wichtiger Schritt, um schneller zu Rechtssicherheit und besseren Entscheidungen zu gelangen. Bei der immer wieder thematisierten Rechtsberatung biete Österreich eine hohe Qualität, betonte Kößl, hier gebe es keine Änderung.
Abgeordnete Alev KORUN (G) berief sich auf das Experten-Hearing im Ausschuss und stellte fest, es sei unabhängig voneinander von mehreren Experten festgestellt worden, dass es zu keiner Verfahrensvereinfachung komme, die Gesetze würden nicht anwendungsfreundlicher, sondern unleserlich. Es seien keine Ersparnisse und Verfahrensbeschleunigungen zu erwarten. Das Handbuch zum Fremdenpolizeigesetz sei bereits ein dicker Band von 280 Seiten, das Handbuch zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz eines von 370 Seiten geworden. BeamtInnen müssten an der Vollziehung verzweifeln. Nun werde aber alles noch komplizierter.
In den letzten sechs Jahren habe es zwölf Novellen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes gegeben, erinnerte sie. Der Glaube der Regierungsparteien, eine ständige Verschärfung der Gesetze löse Probleme, habe dieses Schlamassel verursacht. Die Situation sei auch für die Vollziehung wie für die Rechtsunterworfenen unerträglich geworden. Nun drohe im Herbst bereits die nächste Novelle, die nicht nur das Staatsbürgerschaftsgesetz, sondern auch andere Gesetze betreffe. Die Rechtsberatung werde nur im Asylverfahren beibehalten, im fremdenrechtlichen Verfahren aber weitgehend abgeschafft, widersprach Korun ihrem Vorredner. Es werde sogar eine Form der Schubhaft geschaffen, die bis zu fünf Tagen dauern dürfe. Die Lösung könne nur in einer Totalreform der Gesetze in Richtung besserer Verständlichkeit und Anwenderfreundlichkeit liegen und einer Vereinheitlichung des Visa-Systems liegen. Nur so könne ein guter und rascherer Vollzug gelingen.
Abgeordneter Otto PENDL (S) meinte in Richtung seiner VorrednerInnen, nur die Erwähnung des Asyls im vorliegenden Gesetz löse diese Debatte aus. Dass eine organisatorische Veränderung vorgenommen werde, sei seit Monaten angekündigt worden. Es müsse erst die organisatorische Voraussetzung für das neue Amt, das ab 2014 seine Arbeit aufnimmt, geschaffen werden. Dazu benötige man eine gewisse Vorlaufzeit, die ohnehin knapp bemessen sei. Eigentlich sollte die Opposition hier übereinstimmen, dass man mit einer schlankeren Organisation beschleunigten Verfahren und mehr Rechtssicherheit erreichen könne. Dahinter stehe die größte Verwaltungsreform der Zweiten Republik. Hunderte Gesetze seien dazu zu ändern. Es gehe hier nicht um inhaltliche Fragen des Asylrechts, sondern um komplexe organisatorische Veränderungen, was auch die Opposition bedenken und würdigen sollte. Er appellierte daher, kein falsches Bild zu zeichnen, denn beim vorliegenden Paket handle es sich um eine gesamtstaatliche Regelung der Zuständigkeiten, die schwierig genug sei. Das neue Amt biete die Chance, eine Jahrhundertreform umzusetzen.
Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) stellte fest, es zeige sich, wie schwer sich die Regierung mit Aysl- und Fremdenrechtsmaterien tue. Deshalb versuche sie, das Organisatorische vom Inhaltlichen säuberlich zu trennen, und den Gesetzesdschungel nicht anzutasten. Das BFA sei bereits vom damaligen Finanzminister Pröll für das Budget 2011 angekündigt worden. Sommer 2012 sei man erst so weit, über eine Behörde zu diskutieren, die 2014 eingerichtet werden soll. Der Gedanke dieser Behörde sei an sich gut, es sei aber enttäuschend, dass man in vier Jahren den Wildwuchs der Gesetze nicht in den Griff bekommen könne, um eine ordentliche Vollziehung des Fremdenrechts sicher zu stellen. Der Rechnungshof habe auf die Notwendigkeit hingewiesen, sämtliche fremdenpolizeilichen Kompetenzen in eine Hand zu legen. Das geschehe aber auch jetzt nicht.
Bevor ein Verfahren überhaupt beginnen könne, müsse ein Experte entscheiden, welches Gesetz von drei bestehenden anzuwenden sei. In der Praxis führe das dazu, dass Personen ungerechtfertigt abgeschoben werden, gleichzeitig aber Personen, die nicht mehr da sein sollten, im Land verbleiben. Das BZÖ habe klare Kriterien für den Aufenthalt aufgestellt, die leider nicht umgesetzt wurden, bedauerte er. Übrig bleibe ein unvollziehbares Gesetz im Migrationsbereich. Bereits jetzt gebe es 20 verschiedene Aufenthaltstitel, nun würden es 22 sein. Der Rechnungshof erkenne auch keine Kostenneutralität, eine Einsparung sei unwahrscheinlich. Das BZÖ werde das Gesetz daher ablehnen.
Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER betrachtete die Einrichtung des BFA nach der Reform der Polizeistrukturen als weiteren wichtigen Schritt der im Regierungsprogramm verankerten Verwaltungsreform Österreichs. Angesichts steigender Migrationsströme seien effiziente und rasche Verwaltungsstrukturen unabdingbar, sagte sie. Zukünftig gebe es daher für Asyl und Fremdenrechtswesen nur mehr ein Amt, in dem Verfahren zusammengeführt und Zuständigkeiten klar geregelt werden. Doppelgleisigkeiten würden mit dieser Verwaltungsvereinfachung beseitigt und Verfahren beschleunigt, zeigte sich die Bundesministerin überzeugt und nannte die direkt dem Innenministerium nachgeordnete Behörde BFA ein "Kompetenzzentrum" für den fremdenrechtlichen Bereich. Auch umfassende Rechtsberatung, insbesondere für Opfer von Menschenhandel, sei dort gewährleistet.
Die Gesetzesentwürfe zu Organisation und Verfahren des BFA habe man monatelang diskutiert und umfassend begutachtet, hielt Mikl-Leitner fest und betonte, auch mit den Bundesländern sei eine zufriedenstellende Lösung gefunden worden. Inhaltliche Korrekturen bei den Materiengesetzen kündigte sie für den Herbst 2012 an. Damit das BFA seine Arbeit am 1.1.2014 beginnen kann, würden nun alle Vorbereitungen – von den notwendigen Raumressourcen bis zur Schulung der Sicherheitsbehörden – getroffen, skizzierte die Ministerin.
Die nächsten 18 Monate sollten für die Umsetzung des "riesigen Projektes – BFA" gut genutzt werden, regte Abgeordneter Hermann GAHR (V) an. Kritik von den Grünen an der neuen Verwaltungseinheit wies er zurück und erinnerte daran, dass Bundesländer und Fachleute in die Ausarbeitung des neuen Behördensystems eingebunden waren. Auch in Zukunft würde auf die Anliegen von NGOs in diesem Zusammenhang gehört, versicherte er. Um Fairness, Menschenrechte und Objektivität im sensiblen Bereich Migration sicherzustellen, gelte es, Synergien zu nutzen, unterstrich Gahr.
Eine reine Organisationsreform sei kein Mittel gegen Asylmissbrauch, äußerte Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) seinen Unmut über die Regierungsvorlage. Das Grundproblem, nämlich die Durchlässigkeit der österreichischen Grenzen und die dadurch steigende Zahl illegaler Asylwerber, werde mit dem BFA nicht gelöst. Allein im letzten Jahr habe es um 30% mehr Fälle von Asylmissbrauch gegeben, zeigte der F-Mandatar auf und brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem gefordert wird, jede Aufweichung der Asyl- und Fremdengesetze zukünftig zu vermeiden.
An ihren Vorredner gerichtet, bemerkte Abgeordnete Gisela WURM (S), niemand verlasse freiwillig sein Heimatland um anderswo Asylant zu werden. Die Genfer Flüchtlingskonvention gebiete es, Menschen, die etwa aus Kriegsgebieten fliehen, Asyl zu gewähren. Die S-Abgeordnete bekräftigte ihre Unterstützung für das BFA, durch das mit verkürzter Verfahrensdauer schnellere Entscheidungen getroffen werden könnten. Besonderes Augenmerk bei den Materiengesetzen richtete sie auf den Opferschutz, denn es dürfe keinesfalls geschehen, dass diese Menschen im Rahmen der Asylverfahren erneut zu Opfern würden.
Abgeordneter Christoph HAGEN (B) bekrittelte, bereits im Expertenhearing des Innenausschusses sei klar geworden, dass der vorliegende Gesetzesentwurf so nicht beschlossen werden könne. Die Regierung habe ihn nun dennoch halbfertig ohne Überarbeitung der gesetzlichen Bestimmungen in das Parlament gebracht, monierte der B-Mandatar. Er beschied dem Gesetzestext, nicht lesbar und zu kompliziert zu sein, außerdem seien nicht ausreichend Fachleute für das österreichische Fremdenrecht vorhanden. Hagen befürchtete auch, dass die neue Behörde mit 100 zusätzlichen BeamtInnen keineswegs kostenneutral sei, sondern vielmehr zu Mehrkosten führen werde. Die Innenministerin forderte er auf, verstärkt gegen Personen, die ihr Asyl missbrauchen, aufzutreten.
Österreich habe Menschen in Notlagen immer Asyl gewährt, hob Abgeordneter Erwin HORNEK (V) hervor. So sei bei den Sudetendeutschen auf der Flucht vor dem Kommunismus, in der Ungarnkrise 1956 oder Flüchtlingen aus Ex-Jugoslawien Hilfe und Unterstützung geboten worden. Allerdings, merkte er an, hätten sich die Herkunftsländer der Asylsuchenden in der Zwischenzeit verlagert, nun kämen vermehrt Menschen aus Ländern wie Afghanistan oder der Russischen Föderation. Zudem hätten mit dem Schlepperwesen kriminelle Organisationen im Bereich Asyl Einzug gehalten. Das BFA, in dem 194 Behörden zu einem Amt zusammengelegt werden, sei in dieser Situation eine notwendige Einrichtung für alle Aspekte von Beginn bis zum Ende eines Asylverfahrens, rekapitulierte Hornek die Struktur der neuen Verwaltungsbehörde.
Dass Asylverfahren durch das BFA beschleunigt werden, könne er aus dem Gesetzesentwurf nicht herauslesen, stellte Abgeordneter Werner HERBERT (F) fest. Zu komplexe Rechtsnormen unterschiedlicher Materiengesetze würden darin verpackt, eine Vereinfachung sowohl im Sinne der Asylwerbenden als auch der zuständigen BeamtInnen sei dringend angeraten, appellierte der F-Abgeordnete. Die Bestimmung zum BFA, dass die Europäische Menschenrechtskonvention (MRK) besonders zu beachten sei, hielt Herbert für "überflüssig", da mit dem Recht auf Leben und dem Verbot von Folter in der MRK das Thema Menschenrechte bereits hinlänglich abgedeckt sei. BeamtInnen würden durch diesen Paragraphen "vor den Kopf gestoßen", meinte er und folgerte, die Regierung sollte diesen Hinweis aus dem Gesetzestext nehmen.
Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) wertete es als richtig, die Einrichtung des BFA jetzt zu beschließen und die materiellrechtlichen Bestimmungen im Herbst zu ergänzen. Die Kompetenzkonzentration für alle Fragen zu Asyl und Fremdenrecht in einer einzigen prüfenden Behörde, dem BFA, resultiere in einer Verwaltungseffizienz, die faire und menschenrechtskonforme Asylverfahren sowie Rechtssicherheit für Schutzsuchende garantiere, umschrieb die S-Mandaratin die Vorteile, die sie in der neuen Behörde sah. An Ministerin Mikl-Leitner gewandt ersuchte sie, bei der noch anstehenden Adaptierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes besonders die Lage von MigrantInnen mit Behinderung zu beachten.
Er wundere sich über die Debatte gegen eine Behördenverkleinerung, richtete Abgeordneter Michael HAMMER (V) den Oppositionsparteien aus. Offenbar hätten weder FPÖ noch Grüne ein Interesse an schnellen Asylverfahren, sondern nutzten Diskussionen zum Fremdenrecht lediglich für ihre eigene politische Positionierung. Hammer gestand ein, dass bei den Materiengesetzen noch einige Anpassungen nötig seien, doch würden diese im Herbst durchgeführt. Insgesamt lobte er die klareren Strukturen und vereinfachten Verfahren, die mit den Bundesländern akkordiert durch das BFA geschaffen würden.
Als eine der größten Verwaltungsreformen der Zweiten Republik bezeichnete Abgeordneter Anton HEINZL (S) die vorliegende Novelle zur Asylgesetzgebung. Keineswegs sei der Gesetzesentwurf "überhastet" entstanden, man habe sich in der Begutachtungsphase ausreichend Zeit dafür genommen. Der S-Mandatar bemerkte, das Thema Asyl dürfe nicht populistisch behandelt werden, ein verantwortungsvoller Umgang damit sei angeraten. Den angekündigten Bericht des Innenministeriums zum Opferschutz blicke er mit großem Interesse entgegen, da es vermehrt Fälle "moderner Sklaverei" wie etwa Zwangsprostitution gebe, so Heinzl.
Abgeordnete Angela LUEGER (S) erwartete sich durch die gute Schulung der Sicherheitsbediensteten als Vorbereitung für die Tätigkeit des BFA eine qualitative Verbesserung der Verfahren. Die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle werde durch die neue Behörde erweitert, verwies Lueger auf die organisatorischen Änderungen in der derzeitigen Regierungsvorlage und die Novellierungen im Herbst 2012 zur Umsetzung der Richtlinien. Die Bündelung der Zuständigkeiten und Verfahrenserleichterungen im BFA dienten dem Schutz der Menschenrechte, der ihrer Fraktion immer ein Anliegen war, betonte die S-Mandatarin.
Laut Abgeordnetem Hannes FAZEKAS (S) ist es unmöglich, die komplexe Materie von Asylangelegenheiten in ein einfaches Gesetz zusammenzufassen. Die weite Thematik von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit müsse vielmehr in einem europäischen Kontext gesehen werden, sagte der S-Abgeordnete und bezog sich dabei auf ein gemeinsames Vorgehen der europäischen Staaten in den Bereichen Migration, Integration und Asyl. Gerade gegen das Schlepperwesen müsste Europa geeint auftreten, die FPÖ habe jedoch offensichtliche Probleme mit einer europaweiten Asylpolitik, vermutete Fazekas.
Abgeordneter Rudolf PLESSL (S) begrüßte die Einrichtung des Bundesamtes für Flüchtlingswesen und Asyl, das auch ein Verfahrensgesetz zum Asylverfahren darstellt. Die Kritik der Freiheitlichen an der jüngsten Steigerung der Asylanträge wies Plessl zurück und erinnerte daran, dass der Zustrom an Asylwerbern zur Zeit der "blauen" Regierungsbeteiligung wesentlich stärker gewesen sei. Plessl schilderte die Erfolgsstory des Asylgerichtshofs, der von schwarz-blau mit einem Rucksack an 25.000 nicht erledigten Verfahren übernommen wurde. Nahezu alle Verfahren seien mittlerweile abgeschlossen, lobte der Redner und sprach die Erwartung auf eine ähnliche Erfolgsgeschichte des neuen Bundesamtes aus.
Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) ortete bei der SPÖ Unwillen, eine österreichische Asyl- und Flüchtlingspolitik zu machen und warnte vor dem Versuch, dieses Problem auf die europäische Ebene abzuschieben. Das wäre ein weiterer Anschlag auf die österreichische Souveränität, kritisierte Rosenkranz.
Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit S-V-Mehrheit angenommen und auch die Ausschussentschließung zur Novellierung fremdenrechtlicher Materiengesetze mit der Mehrheit der Regierungsparteien verabschiedet. Der Entschließungsantrag der FPÖ zur Verschärfung fremdenrechtlicher Materiengesetze blieb in der Minderheit der Antragssteller und wurde abgelehnt.
Menschenrechte und Polizei gehören zusammen
Die Initiative für einen intensiveren Dialog zwischen Polizei und den unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen wurde zwar von allen grundsätzlich begrüßt, FPÖ und BZÖ vermissten im Antrag jedoch konkrete Inhalte und hielten ihn für überflüssig.
Abgeordneter Werner HERBERT (F) leitete die Debatte mit der Feststellung ein, die Polizisten würden die Menschenrechte bei ihrer oft schwierigen Arbeit beachten. Daher könne er den vorliegenden Antrag nicht verstehen, der auf einen besonderen Dialog sowie auf die Wiederbelebung eines Programms mit dem Titel "Polizei Macht Menschenrechte" gerichtet ist, das seit 2009 in einen Dämmerschlaf verfallen sei. Da es keine Diskrepanz zwischen den Menschrechten und der Polizeiarbeit gebe, bestehe für ihn auch kein Anlass, diesem aus seiner Sicht überflüssigen Antrag zuzustimmen, sagte Abgeordneter Herbert.
Auch Abgeordneter Franz ESSl (V) sah die Menschrechte als ein Fundament der Polizeiarbeit, machte aber zugleich darauf aufmerksam, dass deren Einhaltung in der Polizeiarbeit ein sensibles Thema sei, weil PolizistInnen bei der Verteidigung von Menschenrechten in ihren konkreten Amtshandlungen oft gezwungen seien, in die persönliche Freiheit anderer Menschen einzugreifen. Daher sei es wichtig, das Programm "Polizei Macht Menschenrechte" fortzusetzen, das auf eine Intensivierung des Dialogs zwischen der Polizei und den verschiedenen Gruppen der Gesellschaft sowie darauf abziele, das Vertrauen der Menschen in die Polizei zu stärken.
Abgeordneter Kurt LIST (B) warnte vor der Behinderung der Arbeit der Polizei durch linke Aktivisten. List wies auf Erfolge der Polizei beim Schutz der Menschenrechte hin und sah die PolizistInnen durch ihre Ausbildung ausreichend darauf vorbereitet, die Menschenrechte in bestmöglicher Form zu schützen und zu beachten. Die verantwortliche Innenministerin brauche den vorliegenden Zuruf nicht, dieser Antrag sei überflüssig und werde vom BZÖ abgelehnt.
Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) bekannte sich demgegenüber dazu, den strukturierten Dialog der ExekutivbeamtInnen mit der Bevölkerung weiterzuentwickeln und so das Sicherheitsgefühl und das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei zu stärken. In diesem Zusammenhang sprach sich Kirchgatterer für die Fortsetzung der Initiative "Polizei Macht Menschenrechte" aus und wünschte dem Menschrechtsbeirat, der in die Kompetenz der Volksanwaltschaft verlagert wird, einen guten Start.
Abgeordneter Christian LAUSCH (F) lehnte den vorliegenden Antrag ebenfalls als überflüssig ab, weil die Polizei die Menschenrechte respektiere und es sich die ExekutivbeamtInnen, die eine schwere Aufgabe zu erfüllen haben, nicht verdient haben, dass man ihnen unterstelle, bei ihrer Arbeit die Menschenrechte nicht einzuhalten.
Abgeordnete Alev KORUN (G) sprach von einer künstlichen Aufregung der FPÖ, die sie nicht nachvollziehen könne. Es sei zu begrüßen, dass eine immer größere Zahl der PolizeibeamtInnen den Sicherheitsapparat als "größte Menschenrechtsorganisation Österreichs" sehen. Deshalb sei es richtig, einen Weg fortzusetzen, der Schritt für Schritt zu einer verbesserten Beachtung der Menschenrechte und zu einem immer positiveren Menschenrechtsbewusstsein bei der Polizei geführt habe.
Abgeordneter Thomas EINWALLNER (V) hielt die Kritik der FPÖ an einem Antrag für unverständlich, der darauf gerichtet ist, eine erfolgreiche Entwicklung in der Polizeiarbeit fortzuführen und den partnerschaftlichen Kontakt zwischen Polizei und Bevölkerung zu stärken.
Auch Abgeordnete Andrea GESSL-RANFTL (S) erinnerte an die erfolgreiche Umsetzung des Projekts "Polizei Macht Menschenrechte" und sprach sich dafür aus, die Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden und der Zivilgesellschaft weiter auszubauen, weil dies zu einer erfolgreichen Polizeiarbeit beitrage.
Abgeordneter Harry Rudolf BUCHMAYR (S) zeigte sich erfreut über die positive Einstellung der Menschen zur verstärkten Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in die Polizei und unterstrich an dieser Stelle die Vorreiterrolle Wiens.
Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) erinnerte an die Einrichtung des Menschenrechtsbeirats aus Anlass des Falles Omofuma und würdigte die Arbeit des Menschenrechtsbeirats und den Erfolg seiner Initiative "Polizei Macht Menschenrechte". Es sei wichtig, dieses Projekt unter den neuen Bedingungen eines erweiterten Menschenrechtsschutzes bei der Volksanwaltschaft fortzusetzen, betonte die Rednerin, die dafür plädierte, die Realisierung der Menschenrechte weiterhin im Auge zu behalten.
Abgeordneter Ewald SACHER (S) bekundete Respekt vor den ExekutivbeamtInnen, die oft in schwierigen und gefährlichen Situationen ihre Arbeit erfüllen müssen, und unterstrich die Bedeutung der Menschenrechte in der Polizeiarbeit. Die Menschenrechte zu beachten, bedeute, das gute Image zu bewahren, das sich die Polizei in den letzten Jahren beim Thema Menschenrechte aufgebaut habe. Es gelte auch, Einzelfälle von Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.
Abgeordneter Robert LUGAR (o.F.) warnte davor, der Polizei die Verwirklichung eines allzu weiten Begriff von Menschenrechten aufzutragen. Nicht die Polizei, sondern Politik, Gesetzgebung und spezielle Organisationen seien etwa für die Frauenrechte, Lohngerechtigkeit und andere Werte zuständig. Spezielle Aufgabe der Polizei sei es, das Recht auf Eigentum, persönliche Freiheit und persönliche Sicherheit durchzusetzen und dabei die Menschenrechte einzuhalten. Es sei nichts davon zu halten, der Polizei "Peace Keeping" statt "Crime Fighting" zu empfehlen und auf eine Polizei hinzuarbeiten, die nicht mehr Polizeiarbeit leiste, sondern auf Sozialarbeit setze.
Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag mit S-V-G-Mehrheit verabschiedet. (Fortsetzung Nationalrat)