EU-Kaufrecht: Bundesrats-EU-Ausschuss empfiehlt Subsidiaritätsrüge
Plenum der Länderkammer berät am 1. Dezember darüber
Wien (PK) – Der EU-Ausschuss des Bundesrats hat heute beschlossen, dem Plenum der Länderkammer hinsichtlich des Verordnungsvorschlags zu einem Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht die Abgabe einer Subsidiaritätsrüge zu empfehlen. Wie der Ausschussvorsitzende Georg Keuschnigg (V/T) darlegte, sei der Bedarf einer solchen Regelung in dieser Form in Zweifel zu ziehen, die Rechtsgrundlage für den Verordnungsvorschlag als strittig anzusehen und eine große Rechtsunsicherheit zu befürchten. Ein entsprechender einstimmig angenommener Antrag des Ausschusses wird daher auch Gegenstand der kommenden Plenardebatte am 1. Dezember sein.
Konkret sieht der Vorschlag der Kommission die Harmonisierung des Vertragsrechts durch Schaffung einer fakultativen zweiten Vertragsrechtsregelung in jedem Mitgliedstaat vor. Des Weiteren soll in allen Mitgliedstaaten eine einheitliche fakultative zweite Schiene für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern und Unternehmern und KMUs etabliert werden. Die Bestimmungen sind für grenzüberschreitende Verträge gedacht, wenn die Vertragsparteien dies beschließen. Es soll aber auch die Möglichkeit der Ausdehnung der Regelungen auf innerstaatliche Verträge im nationalen Recht geben.
Die Diskussion über das Thema werde seit rund 10 Jahren geführt, erläuterte die Vertreterin des Justizministeriums. Ursprünglich sei ein einheitlicher Zivilrechts-Codex diskutiert worden, wogegen sich jedoch die Mehrheit der Mitgliedstaaten ausgesprochen hatten. Um das Sekundärrecht im Bereich des Vertragsrechts zu vereinheitlichen, hätten die Kommission und der Rat die Erarbeitung eines Referenzrahmens für den Gemeinschaftsgesetzgeber geplant. Eine "tool box", die Leitlinien, Grundprinzipien und Modellregeln enthält und bestimmte Termini definiert, hätte dazu beitragen sollen, dass Richtlinien und Verordnungen ein einheitlicheres Gesicht bekommen. Dieser Referenzrahmen sollte demnach weder eine europäische Kodifizierung des Vertragsrechts noch ein von den Vertragsparteien wählbares Rechtsinstrument darstellen. Trotzdem habe die Kommission nun die gegenständliche Verordnung vorgelegt, wogegen sich Österreich jedoch ausspreche.
Begründung für die Subsidiaritätsrüge
Der von den Bundesräten Georg Keuschnigg (V/T) und Stefan Schennach (S/W) eingebrachte Antrag schließt sich den Bedenken des Justizresorts an. Darin wird dezidiert festgestellt, dass das gegenständliche Vorhaben nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist. Das Nebeneinander unterschiedlicher Regelungssysteme führe nicht zu jenem Grad an Rechtssicherheit, der im österreichischen Privatrecht seit Schaffung des ABGB vor genau 200 Jahren gewährleistet ist. Durch die Schaffung einer 28. Vertragsrechtsordnung werde kein Mehrwert erzielt, da die RechtsanwenderInnen in Hinkunft nicht nur mit zwei Rechtsordnungen, also der des Vertragspartners und seiner eigenen, sondern mit einer dritten konfrontiert seien. Man befürchtet, dass das optionale Instrument als alternatives Vertragsregime Teile der nationalen Rechtsordnungen verdrängen soll.
Außerdem, so die Begründung des Antrags, enthalte der Vorschlag auch zahlreiche unbestimmte Begriffe, die erst durch den EuGH in letzter Instanz ausgelegt werden müssen, was lange Zeit in Anspruch nehmen würde und zudem mit einem erhöhten Prozesskostenrisiko verbunden wäre. Die Bundesrätinnen und Bundesräte kritisieren zudem, dass in dem Verordnungsvorschlag Bereiche aus der ursprünglichen Fassung der Verbraucherrechte-Richtlinie aufgenommen werden sollen, die jedoch in dieser wegen massiver Widerstände in den Mitgliedstaaten bereits wieder eliminiert worden seien.
Die Länderkammer sieht ferner eine große Gefahr darin, dass strukturell unterlegene VerbraucherInnen oder KMU in der Praxis keine Einflussmöglichkeit auf die Wahl der Vertragsmodalität haben und damit der Verbraucherschutz generell geschwächt wird.
Diese Befürchtung der Schlechterstellung der KonsumentInnen und der Betriebe wurde in der Diskussion auch von den BundesrätInnen Stefan Schennach (S/W), Edgar Mayer (V/V) und Elisabeth Kerschbaum (G/N) unterstrichen. Das würde eine Nivellierung nach unten bedeuten, waren sie sich einig und kritisierten scharf, dass die gegenständlichen Pläne der Kommission in keiner Weise zu einer Harmonisierung führen würden. Die beiden Vertreterinnen des Justizministeriums äußerten ebenfalls ihre Bedenken, dass es auf Grund der Rechtswahlentscheidung komplizierter und die Schwächeren am Markt weiter geschwächt würden.
(Fortsetzung EU-Ausschuss Bundesrat)