Parlamentskorrespondenz Nr. 1116 vom 22.11.2011

Österreich künftig auch "Heimat großer Töchter"

Wien (PK) – In der österreichische Bundeshymne werden künftig nicht nur die Leistungen der "großen Söhne" des Landes, sondern auch jene der "großen Töchter" gewürdigt. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats gab in seiner heutigen Sitzung trotz zum Teil heftiger Kritik von FPÖ und BZÖ grünes Licht für einen entsprechenden Gesetzesantrag . Damit könnte bald ein Schlussstrich unter eine jahrelange Debatte gezogen werden. VertreterInnen von SPÖ, ÖVP und Grünen begrüßten den Schritt ausdrücklich: Sie wiesen darauf hin, dass eine geschlechtergerechte Formulierung des Textes der Bundeshymne mehr als 60 Jahre nach deren Einführung überfällig sei.

Konkret sieht der erst vergangenen Freitag eingebrachte Gesetzesantrag vor, die Zeile "Heimat bist zu großer Söhne" durch "Heimat großer Töchter und Söhne" zu ersetzen. In der dritten Strophe werden die "Brüderchöre" durch "Jubelchöre" ausgetauscht. Text und Melodie der Bundeshymne werden damit erstmals auch gesetzlich verankert. Derzeit wird die Hymne auf Basis von zwei Ministerratsbeschlüssen aus den Jahren 1946 und 1947 gesungen, bereits damals hat die Politik einzelne Passagen des aus einem Auswahlverfahren hervorgegangenen Siegertextes von Paula von Preradovic adaptiert.

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) übte scharfe Kritik am gegenständlichen Antrag. Abgesehen davon, dass die Diskussion über die Einfügung der Töchter "sinnlos" sei, habe man nun sogar vor, "Brüderchöre" in "Jubelchöre" umzuwandeln, bemängelte er. Das sei "falsch verstandene Vergenderung" und stelle eine historische Verzerrung dar. Westenthaler warnte vor der Beschlussfassung in der derzeit vorliegender Form, verwies in diesem Zusammenhang vor allem auf die Kritik, die seitens der IG Autoren am Vorschlag geübt wurde, und stellte schließlich einen Vertagungsantrag, dem sich jedoch nur die Freiheitliche Fraktion anschloss.

Westenthalers Fraktionskollege Herbert Scheibner meinte, man solle sich entscheiden, ob man sich zum ganzen historisch gewachsenen Text bekennen wolle oder eine generelle Aktualisierung anstrebe: In letzterem Falle gelte es auch über die Aktualität anderer Phrasen wie "frei und gläubig" oder "heiß umfehdet, wild umstritten" zu diskutieren. Nur ein wenig "herumzudoktern" hielt Scheibner für nicht zielführend.

Kritik am gegenständlichen Antrag übte auch F-Mandatar Walter Rosenkranz, der in Hinblick auf den gegenständlichen Vorschlag von einer "schlechten Fassung", der der Kulturnation Österreich nicht würdig sei, sprach. Das damit produzierte "musikalische Holpern" werde seine Fraktion nicht gut heißen. Sei man der Meinung, dass der Text nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist, müsse man ihn gänzlich ändern, forderte er. Den Frauen werde es durch die Verankerung der Töchter in der Bundeshymne außerdem "um keinen Deut" besser gehen, schloss er.

Keinen Grund zur Kritik sahen die Abgeordneten Dorothea Schittenhelm (V), Franz-Joseph Huainigg (V), Gisela Wurm (S), Josef Cap (S), Judith Schwentner (G) und Daniela Musiol. Sie bezeichneten die Änderung als Ausdruck des Respekts und der Gleichstellung von Mann und Frau. Die Anregung, der Bundeshymne einen gänzlich neuen Text zu geben, hielten sie zwar für erstrebenswert, doch wäre es, wie die MandatarInnen feststellten, eher unwahrscheinlich, dass sich alle Fraktionen auf einen einigen könnten.

Der S-V-G-Antrag wurde schließlich mehrheitlich und unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags, der das Inkrafttreten der Änderung mit 1.1.2012 vorsieht, verabschiedet.

Eine erste gemeinsame Initiative zur Änderung der Bundeshymne hatten ÖVP, SPÖ und Grüne bereits vor dem Sommer gestartet. Der Antrag, der im Oktober einer Ersten Lesung im Nationalrat unterzogen wurde, dürfte mit dem heutigen Beschluss hinfällig sein. (Fortsetzung Verfassungsausschuss)