Parlamentskorrespondenz Nr. 568 vom 08.06.2011

Verkehrsprojekte auf dem Prüfstand des Rechnungshofes

Wien (PK) – Der Rechnungshofausschuss hat sich heute unter dem Vorsitz seines Obmanns Werner Kogler mit RH-Prüfberichten zu folgenden Themen befasst: Umsetzung des "PPP-Konzessionsmodells bei Straßenbau-Projekten in der Ostregion" (III-113 d.B.), "Verkehrsanbindung und Stadtentwicklung beim Hauptbahnhof Wien" (III-134 d.B.), "Gemeinwirtschaftliche Leistungen des Bundes im Personenverkehr" (III-172 d.B.) und "Kostenprognosen für das Projekt Unterinntaltrasse" (III-172 d.B.). Verkehrsministerin Doris Bures sowie Rechnungshofpräsident Josef Moser gaben Erklärungen ab und Auskunftspersonen der geprüften Unternehmen beantworteten Fragen der Abgeordneten.

Pilotprojekt Public-Private-Partnership – erste Erfahrungen 

  

Im Jahr 2003 hat der Ministerrat beschlossen, Teile der A 5 Nord Autobahn, der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße und der S 2 Wiener Nordrand Schnellstraße erstmals nach dem Public-Private–Partnership-Konzessionsmodell zu errichten. Bei diesem "PPP–Modell Ostregion" kooperieren öffentliche Hand und Private bei Finanzierung, Herstellung und Betrieb der Straßen als Partner, wobei ursprünglich öffentliche Aufgaben sowie deren Risiken teilweise an den privaten Partner übertragen werden.

Der Präsident des Rechnungshofes Josef Moser fasste die Ergebnisse einer RH-Überprüfung des Modells im Jahr 2008 wie folgt zusammen: Das PPP-Modell hat gegenüber einer konventionellen Beschaffung keine "gravierenden Vorteile" für ASFINAG und öffentliche Hand. Der von der ASFINAG errechnete wirtschaftliche Vorteil von 167,97 Mio. € "sei mit subjektiven Wahrscheinlichkeiten behaftet" und "die dem Auftragnehmer überwälzten Risiken könnten sich auch nachteilig für die öffentliche Hand entwickeln".

Für eine Beurteilung der Vorteile des PPP-Modells fehlen laut Rechnungshof Daten und Benchmarks; ein Know-how-Input der Partner bei Bau und Betrieb der Straßenteilstücke zugunsten der ASFINAG sei nicht erkennbar; auch habe das Vergabeverfahren mit 24 Monaten wesentlich länger gedauert als üblich, lautete die Kritik der RH-Prüfer. Bei der Beurteilung der finanziellen Auswirkungen des PPP–Konzessionsmodells durch die ASFINAG ortete der Rechnungshof methodische Schwächen und mangelnde Dokumentation; Risiken der konventionellen Beschaffung wurden doppelt berücksichtigt, dem PPP–Modell zuzuordnende Kosten aber außeracht gelassen worden. Auch fehlten Risikomonitoring und Risikomanagement, stellten die Prüfer fest.

Die vereinbarte PPP-Mautregelung bringe laut Rechnungshof keinen positiven Grenzertrag für die ASFINAG. Kritisch beurteilten die Prüfer auch das ASFINAG-Entgelt von 7,85 Mio. € an den Konzessionär  für dessen Übernahme des Baugrundrisikos. Zudem habe die Anwendung der Teilmarkttheorie für landwirtschaftlich genutzte Flächen die Kosten der ASFINAG gegenüber den ausgewiesenen Verkehrswerten verdoppelt.

Die Debatte eröffnete Abgeordnete Gabriela Moser (G), die sich durch den Bericht in ihrer Ansicht bestätigt sah, dass PPP-Modelle zwar die kurzfristige Finanzierung öffentlicher Projekte erleichtern können, langfristigen aber keinerlei Vorteile für die öffentliche Hand bringen.

Abgeordnete Martina Schenk (B) konzentrierte sich in ihrer Wortmeldung auf hohe Beraterhonorare, doppelte Ablösen für landwirtschaftliche Flächen und die schlechte Datenlage bei der Beurteilung der Vor- und Nachteile des PPP-Modells Ostregion.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) problematisierte die "Schattenmaut"-Konstruktion und sah angesichts von Abweichungen bei den geplanten und den tatsächlichen Kosten des PPP-Modells "Gefahr in Verzug". Außerdem kritisierte Gradauer die Errichtung von Lärmschutzwänden der ASFINAG "mitten im Wald".

Ganz anders Abgeordneter Ewald Sacher (S), der die Vorteile des PPP-Projekts für die Menschen in Niederösterreich herausstrich, wo Regionen an das hochrangige Straßennetz angebunden und Straßenstücke früher fertiggestellt werden konnten. Sacher räumte Probleme ein, etwa die Schuldenbelastung der ASFINAG oder lange Behördenverfahren, wollte aber auch bei der Anbindung des Waldviertels an das hochrangige Straßennetz über ein PPP-Modell nachdenken.  

Seitens der ASFINAG erläuterte Alois Schedl den Abgeordneten das "Schattenmaut"-System. Es sichert dem privaten Errichtungs- und Betriebskonsortium 30 Jahre lang ein Entgelt, das zu 70 % für die Bereitstellung der Straßen gebührt und zu 30 % nach dem tatsächlichen Verkehrsaufkommen berechnet wird: Je mehr Verkehr, desto höher ist die Maut für den Konzessionsnehmer. Da die zu erwartenden Mauteinnahmen nicht ausreichen, um die Strecken zu finanzieren, wird die ASFINAG die die neuen Strecken in der Ostregion auf Kosten von Einnahmen von ausfinanzierten Teilen des hochrangigen Straßennetzes querfinanzieren, sagte Schedl.

Für das PPP-Modell habe man sich entschieden, um kurzfristige Finanzierungsprobleme zu lösen und das Know-how der Konzessionäre im Planungsprozess zu nutzen. Außerdem sprach die zu erwartende Planungs- und Bauqualität für das PPP-Modell, weil die Konzessionäre wegen ihrer dreißigjährigen Zuständigkeit für den Betrieb daran interessiert seien, Reparatur- und Sanierungsarbeiten so gering wie möglich zu halten. Bei der Beurteilung der Erfahrungen mit dem PPP-Modell meinte der Vertreter der ASFINAG, das lange Vergabeverfahren sei negativ zu bewerten. In der Planungs- und Bauphase konnte hingegen sehr rasch gearbeitet und alle Qualitätsziele erreicht werden. Die Kooperation mit dem Konzessionsnehmer und insbesondere auch die Erfahrungen mit dem Betrieb der Straßen sei sehr gut. Vergleichsrechnungen gegenüber den Kosten eines herkömmlichen Verfahrens seien nicht vereinbart worden, sagte Schedl gegenüber der diesbezüglichen Kritik des Rechnungshofes.

Wegen der Krise habe sich der Verkehr in den letzten Jahren weniger stark entwickelt als prognostiziert, die ASFINAG erwarte aber eine Steigerung des Verkehrs in den nächsten Jahren.

Beraterhonorare von fünf Mio. € waren notwendig, weil Know-how für das neue PPP-Modell, das erstmalig eingesetzt wurde, zugekauft werden musste, führte Schedl aus.

Die Teilmarkttheorie bei den Grundablösen für landwirtschaftlich genutzte Flächen habe zwar hohe Kosten verursacht, es aber ermöglicht, die Zahl der Enteignungsverfahren gering und die Verfahrensdauer kurz zu halten. Das UVP-Verfahren musste wiederholt werden, neue Auflagen haben zusätzliche Kosten von 2,1 Mio. Euro nach sich gezogen, teilte der ASFINAG-Vertreter mit. Die ASFINAG errichte Lärmschutzwände ausschließlich an Stellen, wo dies geboten sei, um die Lärmschutzgrenzwerte der Weltgesundheitsorganisation einzuhalten, fügte Schedl hinzu.

Verkehrsministerin Doris Bures berichtete von einem überaus professionell abgewickelten PPP-Modell und dankte dem Rechnungshof für seine Anregungen. Derzeit seien keine weiteren PPP-Modelle angedacht, sie wolle das aber auch nicht ausschließen, sagte die Ministerin. Gegen Grundstücksspekulationen aus der öffentlichen Hand, seien im Vorjahr bereits gesetzliche Maßnahmen ergriffen worden, teilte Bures den Abgeordneten mit.

Rechnungshofpräsident Josef Moser sah den Vorteil von PPP-Modellen darin, Projekte auch dann realisieren zu können, wenn dafür kurzfristig kein Geld vorhanden sei. Die private Vorfinanzierung sei langfristig aber teuer, weil die ASFINAG aufgrund der Bundeshaftung niedrigere Finanzierungskosten habe. Der Rechnungshofpräsident riet beim Einsatz von PPP-Modellen zu Vorsicht, da sich herausgestellt habe, dass Private nicht billiger bauen können als die öffentliche Hand. Das untersuchte PPP-Modell habe weder gravierende Vorteile noch gravierende Nachteile für die öffentliche Hand gebracht, sagte Moser, unterstrich aber seine Empfehlung, ausreichende Daten und Benchmarks zu erarbeiten, um PPP-Modelle in Zukunft besser beurteilen zu können. Die Bereitschaft der ASFINAG, Empfehlungen des Rechnungshofs umzusetzen, lobte Rechnungshofpräsident Josef Moser ausdrücklich.

In einer zweiten Verhandlungsrunde forderte Abgeordneter Erwin Hornek (V) Maßnahmen gegen unerträgliche Verkehrsbelastungen durch "LKW-Mautflüchtlinge" auf den Straßen des Waldviertels, während Abgeordneter Kurt Gassner (S) auf eine gesamtösterreichische Lösung des Problems "Mautflüchtlinge" drängte.

Alois Schedl wies darauf hin, dass die Behörden die Möglichkeit haben, den LKW-Verkehr durch entsprechende Fahrverbote auf das hochrangige Straßennetz zu lenken.

Verkehrsministerin Doris Bures kündigte an, über Maßnahmen gegen "Mautflüchtlinge" mit den Bundesländern Verhandlungen zu führen, generell verfolge sie die Strategie, den Transitverkehr auf die Schiene zu verlagern. ­– Der RH-Bericht wurde einstimmig vertagt.

Verkehrsanbindung und Stadtentwicklung beim Hauptbahnhof Wien

Nach dem Thema "PPP-Modell Ostregion" wandten sich die Abgeordneten dem RH-Prüfbericht über das Investitionsvorhaben "Hauptbahnhof Wien" zu. In ihrem Rahmenplan 2005 bis 2010 habe die ÖBB-Infrastruktur Bau AG die Kosten des Projekts noch mit 423 Mio. € beziffert, liest man im Bericht. Dem Investitionsbeschluss im April 2007 lagen hingegen bereits Schätzungen für Infrastrukturkosten von 784 Mio. € zugrunde. Dieser Betrag sei durch Kosten für zusätzliche Projekte und die Immobilienverwertung auf 1,072 Mrd. € weiter gewachsen, wobei die zu erwartenden Immobilienerlöse mit 328 Mio. € angegeben wurden. Ende April 2009 sei die Gesamtprojektleitung dann bereits von Gesamtkosten von 1,199 Mrd. € und Immobilienerlösen von 263 Mio. € ausgegangen, schreiben die RH-Prüfer und machen darauf aufmerksam, dass die von der Stadt Wien zu finanzierenden Schätzkosten des Ausbaus der technischen Infrastruktur für die Stadterweiterung südlich des Bahnhofs sich um mehr als das Doppelte erhöhten.

Die Anbindung des Hauptbahnhofs an das U-Bahn-Netz wurde von der Stadt Wien nicht als vorrangiges Ziel verfolgt, obwohl der Bund die Hälfte der U-Bahn-Ausbaukosten trägt. Für die Linienführung der U2-Süd stand für Wien die Erschließung dreier Stadtentwicklungsgebiete im Vordergrund. Da die vom Bund jährlich vorgesehenen Mittel von 87,5 Mio. € zur Finanzierung der vierten Ausbauphase der Wiener U-Bahn - einschließlich der Verlängerung der Linie U2 nach Süden - nicht ausreichen werden, die jährlichen Bauraten zu finanzieren, wird der Bund zwischenzeitlich Schulden in Höhe von 523 Mio. € bis 589 Mio. € eingehen müssen, teilte der Rechnungshof den Abgeordneten mit.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) lobte als erster Redner in der Debatte den Rechnungshof für seine hervorragende Darstellung einer komplexen Materie. Die exorbitante Überschreitung der ursprünglich geschätzten Kosten für die Errichtung des Wiener Hauptbahnhofes gehe offenbar auf Koordinationsprobleme zurück, sagte Zanger und vermisste entsprechendes Projekt-Controlling.

Abgeordneter Michael Hammer (V) ortete Mängel in der Kostenrechnung und kritisierte die Übernahme von Investitionskosten durch den Bund, deren Nutzen in Wien liege.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) meinte generell beobachten zu können, dass die Kosten bei politischen Projekten vorweg oft zu niedrig geschätzt werden und zuletzt meist starke Kostenüberschreitungen auftreten. Ein Hauptproblem beim neuen Bahnhof in Wien sah die Abgeordnete in der ungenügenden Anbindung der verschiedenen Verkehrsträger. So sei etwa die Distanz zwischen Bahngeleisen und U-Bahn sei zu groß, die Erreichbarkeit Wiens werde für die Bahnbenützer nicht erhöht. Moser hielt es für unverständlich, dass ein "Luxusprojekt für Wien" zu Lasten der Bahnkunden gehen soll.

Abgeordnete Martina Schenk (B) stellte ebenfalls die Anbindung der verschiedenen Verkehrsträger an dem geplanten Bahnhof in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) nahm den Rechnungshofbericht zum Wiener Zentralbahnhof zum Anlass, die Kostenschätzungen bei öffentlichen Bauprojekten besser zu durchleuchten. Königshofers Sorge angesichts der Erfahrungen in Wien lautete, beim Brenner-Basistunnel könnten ebenso große Baukostenüberschreitungen auftreten, und das könnte das ganze Projekt gefährden, im schlechtesten Fall nach Baubeginn.

Von Seiten der ÖBB stand Karl-Johann Hartig dem Ausschuss für Auskünfte zur Verfügung. Der Experte berichtete den Abgeordneten von der koordinierenden Tätigkeit des Lenkungsausschusses. Die Entwicklung der Kosten des Projekts erkläre sich aus der Tatsache, dass ursprünglich nur eine neue Bahnstation in Wien geplant gewesen sei. Die Entscheidung für den Zentralbahnhof habe dann aber zusätzliche Projekte rund um den geplanten Bahnhof nach sich gezogen. Am Ort des ehemaligen Wiener Südbahnhofes entstehe ein neuer Stadtteil, in dem 15.000 Menschen wohnen werden und 25.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Ein neuer Verkehrsknoten für den Nahverkehr werde gebaut, wobei die Distanzen zwischen den Bahngleisen und der U-Bahn nicht größer seien als am Westbahnhof. Von dem Projekt einer Seilbahn (People Mover) habe man Abstand genommen und die Entscheidung getroffen, die bestehende S-Bahn-Station zu modernisieren.  

Verkehrsministerin Doris Bures ordnete das Projekt Wiener Hauptbahnhof in die Bemühungen zur Modernisierung der Bahn ein und machte auf den hohen verkehrspolitischen und volkswirtschaftlichen Nutzen des Projekts aufmerksam, letzteren hat das IHS mit 5,7 Mrd. € in den nächsten 30 Jahren beziffert. Mit einem Steuerrückfluss von 1,8 Mrd. € sei zu rechnen. Dazu kommen hohe Beschäftigungseffekte und der ökologische Nutzen durch die Förderung des Schienenverkehrs sowie durch den Einsatz von Fernwärme und Geothermie beim neuen Wiener Hauptbahnhof. Der Umstieg auf andere Verkehrsträger werde für die Fahrgäste jedenfalls nicht schwieriger sein als jetzt, garantierte die Verkehrsministerin den Abgeordneten.

Rechnungshofpräsident Josef Moser erklärte die enorme Kostenausweitung mit der geringen Tiefe und Schärfe der ursprünglichen Planungen für den neuen Durchgangsbahnhof in Wien. Neue Projekte haben nicht nur zusätzliche Kosten nach sich gezogen, sondern auch Verteuerungen mit sich gebracht, kritisierte Moser und nannte als Beispiel für eine nicht ausgereifte Planung den "People Mover". Diese Projekt sei erst gestrichen worden, als klar wurde, dass die Kosten zu hoch werden und mit einer Bankengruppe - ohne Information des Lenkungsausschusses - vereinbart wurde, den S-Bahn-Anschluss beizubehalten.

Kritik übte der Rechnungshofpräsident auch daran, dass der Bund aufgrund einer jahrzehntealten Vereinbarung 50 % der Kosten für die Erweiterung des Wiener U-Bahnnetzes trage, aber keine Möglichkeit habe, seine Interessen in die Planung des U-Bahnnetzes einzubringen. Daher sei bei der Verlängerung der Linie U2 nicht die Anbindung des Wiener Bahnhofs im Vordergrund gestanden

Abgeordneter Erwin Hornek (V) vermisste einen ganzheitlichen Planungsansatz beim Bau des Wiener Zentralbahnhofs und problematisierte Millionenausgaben für die Public Relations des Projekts.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) befürchtete beim Bau des Wiener Zentralbahnhofs ein ähnliches Debakel wie beim "Skylink"-Projekt beim Flughafen Schwechat und mahnte die Verantwortung der Verkehrsministerin ein.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) sprach von "Planungsmurks" und äußerte die Sorge, dass Bahnkunden, die auf der Westbahn nach Wien reisen, die Fahrzeitverkürzung durch den Lainzer Tunnel wegen ungenügender Verkehrsanbindung des Bahnhofs an die Wiener Linien bei der Fahrt zu ihrem Bestimmungsort in Wien wieder verlieren werden.

Abgeordnete Christine Lapp (S) erinnerte daran, dass das Stadtgebiet um den ehemaligen Wiener Südbahnhof zuletzt nicht mehr sehr attraktiv gewesen sei. Der Wiener Zentralbahnhof wird drei TEN-Netze miteinander verknüpfen, wesentliche Verkehrserleichterungen für die Wiener bringen und einen neuen attraktiven Stadtteil schaffen. Information der Bürger sei bei einem Projekt dieser Dimension wichtig, sagte die Abgeordnete und erinnerte daran, dass bislang hunderttausend Menschen das Informationsangebot über den Bau genützt haben. Der Wiener Zentralbahnhof wird die Erreichbarkeit Wiens für ÖBB-Kunden verbessern, zeigte sich die Abgeordnete überzeugt und informierte – insbesondere Gabriela Moser - über die geplante Errichtung von 1.100 Fahrradabstellplätzen am Zentralbahnhof.

Karl-Johann Hartig erklärte, aus Sicht der ÖBB reichten die innerstädtischen Verkehrsmittel (S-Bahn, U-Bahn, Autobusse und Straßenbahnen) aus, um die Weiterfahrt der ÖBB Kunden zu gewährleisten. Die PR-Kosten werden zwischen dem Bund und der Stadt Wien geteilt und auch alle anderen Projektkosten streng den jeweiligen Nutzern zugeordnet.

Bundesministerin Doris Bures unterstrich noch einmal die Bedeutung des Projekts für den Wirtschaftsstandort. "Beim Bau des Zentralbahnhofs Wien wird professionell gearbeitet", sagte Bures, "und es wird mit den öffentlichen Geldern sorgsam umgegangen". Baukosten werden bei öffentlichen Projekten keineswegs immer überschritten, sagte die Ministerin außerdem und nannte den Abgeordneten deutliche Kostenreduktionen beim Bau des Lainzer Tunnels und beim Neubau des Westbahnhofs als positive Beispiele.

Die Entscheidung gegen den "People Mover" habe sie aus Kostengründen getroffen und dafür gesorgt, dass die S-Bahn modernisiert wird, sagte die Ministerin, die ihrerseits die Notwendigkeit einer entsprechenden Information der Bevölkerung über das Projekt betonte.

Zur besseren verkehrspolitischen Koordinierung beim U-Bahn-Bau habe sie einen gemeinsamen Vollzugsausschuss mit den Wiener Linien und dem Finanzministerium ins Leben gerufen, teilte die Verkehrsministerin mit, und erntete dafür ausdrückliches Lob von Seiten des Rechnungshofpräsidenten, der hinzufügte, angesichts hoher Zuschüsse des Bundes zum U-Bahn-Bau sei es wichtig, die Kontrolle des Bundes zu verbessern. Positiv wertete Moser auch den Stopp des "People Mover"-Projekts und die Umsetzung von Empfehlungen des Rechnungshofs für eine bessere Aufteilung der Projektkosten zwischen ÖBB und der Stadt Wien. Ein Vergleich der Projekte "Skylink" und "Wiener Zentralbahnhof" sei nicht angebracht, schloss Rechnungshofpräsident Moser.

Die geschätzten Gesamtkosten für das Projekt Wiener Zentralbahnhof bezifferten Karl-Johann Hartig und Verkehrsministerin Doris Bures mit 987 Mio. €. Bures teilte darüber hinaus mit, dass der volkswirtschaftliche Nutzen auf 5,7 Mrd. € und der zu erwartende Steuerrückfluss auf 1,8 Mrd. € geschätzt werden. Für die Jahre 2013 bis 2014 wird die Zahl der zusätzlichen Arbeitsplätze mit 2000 und für die Zeit nach Fertigstellung des Bahnhofs mit 6000 angegeben – Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Neue Rechtsbasis für gemeinwirtschaftliche Leistungen

 

Ein weiterer Punkt der heutigen Sitzung waren die so genannten gemeinwirtschaftlichen Leistungen des Bundes im Schienen-Personenverkehr, die sich jährlich auf über 500 Mill. € belaufen und im Zeitraum der letzten zehn Jahre um rund 20 % erhöht wurden. Hier sahen sich die Abgeordneten mit durchaus kritischen Bemerkungen des Berichts (III-172d.B.) konfrontiert, wobei der Rechnungshof, dem zum Zeitpunkt seiner Prüfung noch der alte Vertrag zugrunde lag, bemängelte, dass die Beauftragung und Abgeltung dieser Leistungen durch das BMVIT nicht den EU-rechtlich gebotenen Erfordernissen an Transparenz und Leistungsorientierung entsprachen. Auch habe das Ministerium seine Möglichkeiten nur in geringem Maße genutzt, als Geldgeber steuernd auf Umfang und Qualität des Bahnangebots einzuwirken, heißt es dazu weiter in dem Bericht, der überdies Daten über die Wirkung der eingesetzten Mittel vermisste.

In der Debatte begrüßten es die Abgeordneten, dass den Kritikpunkten nunmehr durch die neue Leistungsvereinbarung Rechnung getragen wurde. Abgeordnete Gabriela Moser (G) forderte allerdings eine Offenlegung des gesamten Vertrages, während die Abgeordneten Alois Gradauer (F) und Konrad Steindl (V) wissen wollten, ob gemeinwirtschaftliche Leistungen auch an die neue private Westbahn AG bezahlt werden.

Verkehrsministerin Doris Bures betonte, der neue Vertrag entspreche den Empfehlungen des Rechnungshofs, enthalte klare Leistungsdefinitionen nach dem Motto "Leistung statt Subvention" sowie Transparenzkriterien. Damit würden die EU-Vorgaben zur Liberalisierung voll erfüllt. Die Ministerin bekannte sich im Übrigen zum Wettbewerb auf der Schiene, stellte jedoch klar, dass die Westbahn AG für den Bereich Wien-Salzburg keine Zuschüsse bekommen werde.

Rechnungshofpräsident Josef Moser meinte, viele Elemente der Kritik des Rechnungshofs seien in den neuen Vertrag aufgenommen worden, sah aber noch Defizite bei der Festlegung des Grundangebotes und gab weiters zu bedenken, Wettbewerb finde noch nicht in ausreichendem Maße statt.

Unterinntalbahn: Kostensteigerungen im Visier des Ausschusses

Bei der anschließenden Behandlung des Berichts (III-172 d.B.) über das Projekt Unterinntalbahn standen vor allem die Kostensteigerungen im Mittelpunkt des Interesses der Abgeordneten. Der Rechungshof hatte kritisch angemerkt, dass, entgegen der ursprünglichen Entscheidung der damaligen Brenner Eisenbahn GmbH, durch eine personalintensive Projektorganisation externe Dienstleistungen zu minimieren, sowohl die Personalkosten als auch die Kosten für externe Dienstleistungen gestiegen sind. Für die reale Erhöhung der prognostizierten Kosten um insgesamt 243,57 Mill. € machte der Rechungshof darüber hinaus auch eine höhere Risikovorsorge, zusätzliche bauliche Maßnahmen, eine, wie es heißt, systemwidrige Berücksichtigung von Finanzierungskosten sowie prognostizierte Mehrkosten aufgrund neuer Erkenntnisse aus internationalen Großbaustellen bezüglich Baustellenlogistik, Zutritts- und Sicherheitsmanagement verantwortlich.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) bekannte sich ebenso wie Abgeordneter Hermann Gahr (V) zur Unterinntaltrasse, übte aber heftige Kritik an den Kostenüberschreitungen. Es stelle sich die Frage, ob die ursprünglichen Kostenschätzungen aus dem Jahr 2005 plausibel oder bloß eine Milchmädchenrechnung waren, meinte er.

Nicht nachvollziehbar waren die Kostensteigerungen auch für die Abgeordnete Gabriela Moser (G), die überdies eine Bemautung für LKW im Unterinntal forderte, um Einnahmen für das Trassenprojekt lukrieren zu können.

Verkehrsministerin Doris Bures unterstrich die Notwendigkeit der Nutzung von Querfinanzierungen und teilte mit, sie habe den Plan zur Bemautung im Unterinntal bereits bei der EU-Kommission eingereicht.

Geschäftsbereichsleiter Johann Herdina bekräftigte, der Zeitplan des Projektes sei absolut stabil, und kündigte die Inbetriebnahme der Strecke für 9.12.2012 an. Zu den Kostenüberschreitungen bemerkte er, zahlreiche Tunnelunfälle in den letzten Jahren hätten dazu geführt, dass sich auf sicherheitstechnischem Niveau erhebliche Änderungen ergeben haben, die ihrerseits Mehrkosten nach sich zogen. Die Gesamtkosten seien seit 2009 aber stabil und sogar rückläufig.

Rechnungshofpräsident Josef Moser bezeichnete die Kostenschätzungen aus dem Jahr 2005 als plausibel, schränkte aber ein, in einigen Bereichen sei der Planungsstand sehr gering gewesen, man sei nicht mit der nötigen Tiefenschärfe vorgegangen. Dazu komme noch, dass mittlerweile die Erfahrungen aus dem Bau des Lötschbergtunnels und des Gotthardtunnels berücksichtigt werden mussten, was sich als kostentreibend erwiesen habe.

Bei der Abstimmung wurde der Bericht (III-172.d.B.) einstimmig vertagt. (Schluss)