Vorratsdatenspeicherung passiert Nationalrat mehrheitlich
Opposition sieht Grundrechte verletzt
Wien (PK) – Die Vorratsdatenspeicherung bleibt weiterhin äußerst umstritten. Das bewies nicht nur die Einwendungsdebatte gegen die Tagesordnung am Beginn der heutigen Sitzung des Nationalrats (siehe PK-Meldung Nr. 405/2011) sondern auch die Diskussion zu den entsprechenden Vorlagen zum Telekommunikationsgesetz sowie zur Strafprozessordnung und zum Sicherheitspolizeigesetz. Die RednerInnen der Opposition zweifelten einmal mehr die Verfassungs- und Grundrechtekonformität der nun vorliegenden Regelungen an. Seitens der Regierungsfraktionen wurde wiederholt auf die EU-Richtlinie, die umzusetzen ist, hingewiesen und argumentiert, dass man mittels der eingebrachten Abänderungsanträge auf die Anregungen der ExpertInnen reagiert habe.
Die Novelle zum Telekommunikationsgesetz verpflichtet die Netzbetreiber und Anbieter von Diensten, die Verbindungsdaten im Handy- und E-Mail-Verkehr für eine Dauer von sechs Monaten zu speichern und diese nach Ablauf dieser Frist wieder zu löschen. Im Fall einer gerichtlich bewilligten Anordnung sind die Daten der Strafverfolgungsbehörde zur Aufklärung und Verfolgung schwerer Straftaten zu übermitteln. Die Bestimmungen der Strafprozessordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes werden an die Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes angepasst. Dabei geht es um die Normierung der Zulässigkeit von Ersuchen um Stammdatenübermittlung, der Anordnung über die Auskunft von Stamm- und Zugangsdaten sowie der Auskunft über Vorratsdaten. Eine Anordnung kann laut Gesetz dann erteilt werden, wenn es zur Aufklärung des konkreten Verdachts einer Straftat erforderlich ist.
Die Vorlagen passierten den Nationalrat nach einer namentlichen Abstimmung mit den Stimmen der beiden Koalitionsparteien mehrheitlich.
Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) definierte das Wesen von Grund- und Freiheitsrechten als Verzicht des Staates auf rechtlichen Zugriff auf seine BürgerInnen und Staatskunst als die Fähigkeit, staatliche Sicherheitsvorkehrungen mit der Wahrung der Freiheitsrechte der BürgerInnen in Einklang zu bringen. Dieser Einklang bestehe bei den vorliegenden Gesetzentwürfen nicht, sagte der Abgeordnete und verwies auf ExpertInnenen, die die vorgesehene Regelung beim Zugriff auf Handy- und PC-Daten als klar verfassungswidrig bezeichnen. Fichtenbauer mahnte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie strenge Parameter und Einschränkungen beim Datenzugriff nach deutschem Vorbild ein. Sein Vorschlag für den Zugriff auf Vorratsdaten lautete: "Zurück an den Start im Justizausschuss".
Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) zeigte sich überzeugt, dass die vorliegenden Gesetze zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung im Einklang mit der österreichischen Bundesverfassung und mit den Grund- und Freiheitsrechten stehen. Es dürfen nur Stammdaten verwendet werden und eine Verordnung werde jeden Missbrauch von Vorratsdaten verhindern, versicherte er. Auf der anderen Seite könne man nicht darauf verzichten, der Polizei, den Gerichten und den StaatsanwältInnen die Möglichkeit zu geben, Verbrechen zu verhindern und Täter auszuforschen. Dem Interesse eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Sicherheitsinteressen und der Wahrung der Grund- und Freiheitsrechte diente ein S-V-Abänderungsantrag, den Abgeordneter Donnerbauer dem Nationalrat vorlegte.
Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) übte heftige Kritik an der Absicht, alle BürgerInnen präventiv zu überwachen, die ein Handy besitzen oder das Internet benützen. Das sei hinsichtlich der Grundrechte etwas ganz anderes als die bereits bisher praktizierte Telefonüberwachung, die nur dann möglich war, wenn gegen eine bestimmte Person ein bestimmter Verdacht bestand. Für die vorliegende Regelung der Vorratsdatenspeicherung und der Verwendung der Daten könne nicht mit Sicherheitsargumenten plädiert werden, weil das deutsche Beispiel klar zeige, dass die Vorratsdatenspeicherungen nichts zur Verbesserung der kriminalpolizeilichen Aufklärungsquote beitrage, stellte Steinhauser fest. Die Grünen verlangten daher eine namentliche Abstimmung, um zu dokumentieren, welchen Abgeordneten die Grundrechte etwas wert sind und welchen nicht.
Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) räumte ein, dass man sich bei der Nutzung von Vorratsdaten an der Grenze der Grundrechte bewege und seine Fraktion sich eine andere EU-Richtlinie gewünscht hätte, als jene, die Österreich nun umsetzen müsse. Daraus sei der Schluss zu ziehen, dass sich auch kleine Länder stärker in die Gestaltung von EU-Richtlinien einbringen sollten. Sollte im kommenden Dezember Änderungsbedarf entstehen, soll – so ein Entschließungsantrag der Koalitionsparteien – dem Nationalrat rasch ein Gesetzesvorschlag zur Anpassung an den neuen Rechtsbestand vorgelegt werden. Kritische Anmerkungen der ExpertInnen im Justizausschuss hätten zur Formulierung von Abänderungen geführt, erklärte Abgeordneter Jarolim – das vorliegende Gesetzespaket zeige ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Grundrechten der BürgerInnen und Sicherheitsbedürfnissen des Staates.
Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) lehnte es ab, eine EU-Richtlinie umzusetzen, die die zuständige EU-Kommissarin zurückziehen und durch eine neue ersetzen will. Während andere EU-Länder abwarten oder bereits erfolgte Richtlinienumsetzungen wieder zurücknehmen, wollen die Regierungsparteien in Österreich eine längst obsolete Richtlinie umsetzen, die im Justizausschuss von den meisten ExpertInnen abgelehnt worden sei, argumentierte Westenthaler. Auch der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages habe das unausgewogene Verhältnis zwischen Zweck und Mittel der Richtlinie kritisiert, berichtete Westenthaler und appellierte an die anderen Oppositionsparteien, eine Verfassungsbeschwerde gegen dieses "Stasi-Gesetz" zu erheben sowie alles zu unternehmen, um zu verhindern, dass BürgerInnen vom Staat bespitzelt werden.
Infrastrukturministerin Doris BURES bezeichnete die Grundrechte und den Schutz der Privatsphäre als unteilbare Rechte der BürgerInnen. Daher habe sie beim Thema Vorratsdatenspeicherung Experten des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte beigezogen und die Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren zur diesbezüglichen Änderung des Telekommunikationsgesetzes sehr ernst genommen. Das Gesetz stelle zentrale Grundrechte und die Berufsgeheimnisse von ÄrztInnen und AnwältInnen sicher und setze die EU-Richtlinie restriktiv um. Als Frist für die Vorratsdatenspeicherung seien sechs Monate statt der möglichen 24 vorgesehen, es dürfen keine Gesprächsinhalte gespeichert werden und der Datenzugriff erfolge nur nach einem richterlichen Beschluss. Informationspflichten für die betroffenen BürgerInnen sicherten außerdem die notwendige Transparenz.
Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER sprach sich nachdrücklich dafür aus, der Polizei die Instrumente zu geben, die sie brauche, um die technisch immer versierteren Täter wirksam verfolgen zu können. Beim Zugriff auf Vorratsdaten gehe es darum, den Missbrauch des Internets bei Straftaten hintanzuhalten und Menschen in Notlagen zu helfen. Das vorliegende Gesetz diene den Bedürfnissen der Polizei und mache die BürgerInnen keineswegs zu "gläsernen Menschen", hielt die Ministerin fest. Es sei notwendig, bei Bombendrohungen, beim Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffen oder bei angekündigten Selbstmorden rasch eingreifen zu können und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass das Fernmeldegeheimnis und die Grundrechte der BürgerInnen nicht angetastet werden.
Auch Justizministerin Beatrix KARL unterstrich ihr Eintreten für die Grund- und Freiheitsrechte sowie für den Schutz ungestörter Kommunikation zwischen den BürgerInnen. Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung müsse aber umgesetzt werden, um eine drohende Geldbuße für Österreich zu vermeiden. Das vorliegende Gesetz gewährleiste eine wirksame Strafverfolgung sowie die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und sorge dafür, dass das Internet nicht zu einem rechtsfreien Raum werde. Dabei werde die Balance zwischen Sicherheitsbedürfnissen und Grundrechten gewahrt, sagte die Ministerin, sprach von einer guten Lösung und hob das Vier-Augen-Prinzip bei den StaatsanwältInnen und die lückenlose Dokumentation aller Datenzugriffe hervor.
Abgeordnete Karin HAKL (V) räumte ein, dass es sich bei der Vorratsdatenspeicherung um ein sensibles Thema handelt, sah bei den vorliegenden Gesetzen aber den Grundrechtsschutz in ausreichendem Ausmaß verwirklicht. Der Staat habe die Aufgabe, für die Sicherheit seiner BürgerInnen zu sorgen, sagte die Rednerin und wies darauf hin, dass Datenabfragen schon in der Vergangenheit Ermittlungserfolge gebracht und dazu beigetragen haben, Menschenleben zu retten. In einem Entschließungsantrag der Regierungsparteien, den Abgeordnete Hakl vorlegte, wird die Justizministerin dazu aufgefordert, das Vier-Augen-Prinzip bei Datenabfragen sicherzustellen. Die vorliegenden Gesetzesbestimmungen garantieren die lückenlose Protokollierung aller Abfragen, lassen Bewegungsprofile nur in eng gesteckten Grenzen unter der Voraussetzung richterlicher Genehmigung zu und treffen Vorkehrungen gegen den Missbrauch der Daten, betonte Hakl. Die Angst vor der Bespitzelung der Bürger durch den Staat sei unbegründet, schloss die Abgeordnete.
Abgeordneter Harald STEFAN (F) konnte nicht nachvollziehen, warum man im Parlament etwas beschließt, das man eigentlich gar nicht will und damit der Europäischen Union das letzte Wort erteilt. Die gegenständliche Richtlinien-Umsetzung halte er außerdem für wenig lesbar und aus Sicht der Grundrechte für problematisch: Angesichts der Tatsache, dass man damit weit über die Vorgaben der ohnehin bedenklichen EU-Vorlage hinausschieße, lehne sie die Freiheitliche Fraktion strikt ab. Auch die vorgebrachten Argumente betreffend Einsatz im Bereich Ortung von Lawinenopfer wollte Stefan nicht gelten lassen: Hierzu bestünden bereits jetzt entsprechende Möglichkeiten, schloss er.
S-Mandatar Otto PENDL wünschte sich angesichts der hohen Sensibilität der Materie eine sachlichere Diskussion. Die seines Erachtens häufig absichtliche Vermischung der Begriffe Stamm- und Verkehrsdaten trage schließlich nicht dazu bei, die in der Bevölkerung bestehende diesbezügliche Verunsicherung zu beseitigen. Dass es zwischen Justizausschuss und Plenum gelungen ist, ein Vier-Augen-Prinzip bei Staatsanwaltschaft und Polizei zu verankern, wollte der S-Abgeordnete außerdem als Erfolg anerkannt wissen. Man nehme das Thema durchaus ernst. Pendl brachte deshalb einen S-V-Entschließungsantrag ein, der festlegt, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung nach Vorliegen der von der Kommission angekündigten Überarbeitung des Rechtsrahmens zur Vorratsdatenspeicherung, Vorschläge über eine etwaige Novellierung der österreichischen Umsetzung zu machen haben.
G-Abgeordneten Peter PILZ bedauerte, dass sich die SPÖ von ihrem Koalitionspartner am "Nasenring" vom Justizausschuss ins Plenum führen lasse. Das ihm gerade zugeleitete Rechtsgutachten des deutschen Bundestags sei schließlich zu dem Schluss gekommen, dass es gemessen am derzeitigen Diskussionsstand keine mit Verfassung und Europäischer Grundrechtecharta vereinbare Umsetzung der Richtlinie gebe. Wer einer solchen dennoch zustimme, begehe damit einen bewussten Verfassungsbruch, konstatierte Pilz. Außerdem verbessere die Vorratsdatenspeicherung die Aufklärungsquote lediglich um 0,06% und damit äußerst marginal. Es gehe der Bundesregierung aber auch gar nicht um die Bekämpfung schwerer Kriminalität, sondern um das Nachvollziehen jener Wege, über die OppositionspolitikerInnen ihre Informationen beziehen, mutmaßte Pilz.
Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) gab zu bedenken, dass die Kommission die Lage in Österreich aufmerksam beobachte und bereits Strafzahlungen verhängen könne. Es sei deshalb nicht möglich, über die Richtlinie hinwegzugehen. Sobald aber die Vorschläge der Kommission in Hinblick auf die Überarbeitung der Richtlinie vorlägen, gelte es, diese in der nationalen Gesetzgebung zu berücksichtigen, stand für Bartenstein außer Frage. Was das zitierte Deutschland anbelange, habe man dort überschießend umgesetzt und damit eine andere Situation geschaffen. Die österreichische Lösung erachte er, Bartenstein, für durchaus annehmbar.
B-Mandatar Rainer WIDMANN bezeichnete die vorliegende Umsetzung hingegen als "Gesetzesmurcks", der acht Millionen ÖsterreicherInnen zu "Generalverdächtigen" erkläre. Er habe gehofft, dass die Runderneuerung der ÖVP zum Rückzug dieses Gesetzesvorhabens führen werde, doch sei dies leider nicht der Fall. Das BZÖ könne dem Entwurf auch angesichts der Tatsache, dass die Kosten für die Vorratsdatenspeicherung mit 20 Millionen € beziffert werden und man diese Mittel im familienpolitischen Bereich dringend benötigen würde, nicht zustimmen, schloss er.
Abgeordneter Johann MAIER (S) kam auf den diesbezüglichen Evaluierungsbericht der Europäischen Kommission zu sprechen, der Widersprüchliches enthalte. Man werde sich deshalb noch länger mit der Materie beschäftigen und dabei klären müssen, ob die Umsetzung der Richtlinie gegen die Europäische Grundrechtecharta verstößt und ein solcher Menschenrechtseingriff verhältnismäßig ist. Derzeit liege es allein beim Europäischen Gerichtshof, Antworten auf diese Fragen zu finden. Der Evaluierungsbericht der Kommission entbinde Österreich aber nicht von seiner Umsetzungsverpflichtung, erklärte Maier. Er plädierte in diesem Zusammenhang dafür, sich für ein Verfahren auf EU-Ebene einzusetzen.
Dass Datenschutz nicht zum Täterschutz werden dürfe, stand für F-Abgeordneten Werner HERBERT außer Frage. Was aber mit der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung vorliege, sei angesichts eines vernichtenden Berichts des Datenschutzrats und der mehrheitlich negativen Stellungnahmen der ExpertInnen im Justizausschuss nicht akzeptabel. Auch die Polizistinnen und Polizisten lehnten es ab, zu "Spitzeln" der Bevölkerung zu werden, wie es das Gesetz vorsehe, konstatierte Herbert.
Abgeordneter Peter MAYER (V) hielt fest, moderne Polizeiarbeit bedürfe neuer Instrumente. Die Vorratsdatenspeicherung könne schließlich auch dazu beitragen, Kinderpornographie und Wirtschaftskriminalität im Internet zu bekämpfen. Der Grat zwischen Daten- und Täterschutz sei natürlich ein schmaler. Im Zweifelsfall gelte es sich aber zugunsten von Möglichkeiten zur Aufklärung von Verbrechen zu entscheiden. Der von ihm eingebrachte S-V-Entschließungsantrag sieht außerdem eine umfassende Evaluierung der im Bereich Vorratsdatenspeicherung zu setzenden legislativen Maßnahmen vor.
Von einem "Kniefall" vor der Europäischen Union sprach hingegen F-Abgeordneter Martin STRUTZ. Niemand könne sagen, dass Österreich die Richtlinie umsetzen müsse. Auch Schweden und die Tschechische Republik kümmerten sich in diesem Fall nicht um die Umsetzungsverpflichtung. Die Justizministerin habe außerdem die Pflicht, die Freiheiten der BürgerInnen zu schützen. Schließlich könnte auch sie einmal von einer solchen "Bespitzelung" betroffen sein, wie es bereits bei einigen Abgeordneten der Fall gewesen sei. Es gehe auch nicht an, dass die Bundesregierung bei den BürgerInnen und Familien spare, aber 20 Millionen € in die Vorratsdatenspeicherung investiere. Was man heute beschließen wolle, sei außerdem nur ein "Türöffner" für die so genannte "elektronische Gesundheitsakte", die aus Sicht der Freiheitlichen Fraktion abzulehnen ist.
Infrastrukturministerin Doris BURES wollte klargestellt wissen, dass das zitierte Rechtsgutachten nicht darauf hinauslaufe, dass die Richtlinie nicht umgesetzt werden muss. Man habe im Gegensatz zu Deutschland schließlich auch für die Festlegung der Verwendungszwecke der Daten Sorge getragen und in Kooperation mit dem Boltzmann Institut für Menschenrechte darauf geachtet, dass vorgenommene Eingriffe grundrechtskonform durchgeführt werden können.
Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) kam auf die zahlreichen E-Mails betreffend Vorratsdatenspeicherung zu sprechen, die die MandatarInnen von besorgten BürgerInnen erhalten haben. Viele seien mit dem vorliegenden Entwurf nicht zufrieden. Andererseits dürfe man aber auch nicht aus den Augen verlieren, dass Österreich vom Europäischen Gerichtshof wegen Nicht-Umsetzung der Richtlinie verurteilt worden ist und im Falle eines weiteren Verstoßes gegen die Umsetzungspflicht Strafzahlungen drohten. Der heute vorliegende Entwurf sei also ein Kompromiss, dem die SPÖ zustimmen werde.
S-Abgeordneter Kurt GARTLEHNER erinnerte zunächst daran, dass Österreich aufgrund einer BZÖ-Ministerin in die Bredouille geraten sei, die Richtlinie überhaupt umsetzen zu müssen. Was man heute vorlege, halte er aus Sicht des Datenschutzes für in Ordnung. Außerdem bestehe die Möglichkeit, auf europäische Entwicklungen zu reagieren und vor dem Hintergrund etwaiger Veränderungen an der Richtlinie eine Novelle des heute zu Beschließenden zu veranlassen.
Moderne Kriminalität könne man nicht mit althergebrachten Mitteln bekämpfen, habe man in der Zeit der schwarz-blauen Regierung argumentiert, um die Anwendung besonderer Ermittlungsmaßnahmen zu legitimieren, erinnerte S-Mandatar Hannes FAZEKAS. Heute schlügen FPÖ und BZÖ aber gänzlich andere Töne an. Was mit dem gegenständlichen Entwurf gelungen ist, sei für die wirksame Bekämpfung der Internetkriminalität aber wesentlich, stand für den Redner außer Frage.
Abgeordnete Gabriela MOSER (G) erinnerte ihren Vorredner daran, dass die geplanten Maßnahmen samt und sonders leicht auszuhebeln seien, sodass es keinerlei Grund gebe, dafür Grundrechte zu verletzen. Dies umso mehr, als diese Verletzung ja nur der erste Schritt in einer fortwährenden Erosion der Persönlichkeitsrechte sei. Das Verbrechen blühe weiter, der Einzelne hingegen werde ohne Verdacht beobachtet und registriert. Das sei "Dummheit zum Kubik". Bei dieser Unterhöhlung der Grundrechte mache ihre Fraktion nicht mit.
Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) meinte, man habe heute viel über Anstand und Moral geredet, und so wäre es nur folgerichtig, wenn der Abgeordnete Johann Maier den Mut besäße, in den Saal zu kommen und bei diesem Verfassungsbruch seine Stimme abzugeben. Es wäre ein Akt von Anstand und Moral, wenn der Vorsitzende des Datenschutzrats sich hier deklariere. Der Redner nahm abschließend zur Kenntnis, dass der Abgeordnete Maier zu feige sei, an dieser Abstimmung teilzunehmen.
Die Rückverweisungsanträge wurden mehrheitlich von SPÖ und ÖVP abgelehnt.
Die Novelle des Telekommunikationsgesetzes wurde in namentlicher Abstimmung mit 104 zu 67 Stimmen angenommen.
Die Novelle der Strafprozessordnung und des Sicherheitspolizei-Gesetzes wurde unter Berücksichtigung eines V-S-Abänderungsantrags in namentlicher Abstimmung mit 103 zu 66 Stimmen gleichfalls angenommen.
Der S-V-Entschließungsantrag betreffend Anwendung des Vieraugenprinzips bei Anordnung der Datenauskünfte erhielt die erforderliche Mehrheit ebenso wie der S-V-Entschließungsantrag betreffend Bewertungsbericht der EU-Kommission zur Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung. Auch der V-S-Entschließungsantrag betreffend Evaluierung der Legislativmaßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung passierte den Nationalrat mehrheitlich.
(Fortsetzung Nationalrat)