Opposition gegen EURATOM und für eine mutigere Anti-Atompolitik
SPÖ und ÖVP wollen EURATOM reformieren, Ausstieg sei nicht möglich
Wien (PK) – Die Plenardebatte über den Dringlichen Antrag der Grünen für einen Austritt aus EURATOM leitete Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) mit der Erklärung ein, sie unterstütze das Volksbegehren zum Austritt aus dem EURATOM-Vertrag. Die Abgeordnete erinnerte an den Unfall in Tschernobyl, der sich am 26. April zum 25. Mal jährt. Die dramatischen Ereignisse hätten damals zu einem Umdenken in Österreich geführt, und hätte es damals EURATOM nicht gegeben, hätte es insgesamt in Europa "Aus für die Atomenergie" geheißen, zeigte sich die grüne Klubobfrau überzeugt. Glawischnig-Piesczek übte in diesem Zusammenhang harsche Kritik an EURATOM. Die Gemeinschaft sei undemokratisch und ihre Aktivitäten umfassten in erster Linie zinsenbegünstigte Kredite zum Ausbau der Atomenergie und Forschungsprogramme für neue Generationen von Atomreaktoren und für die Kernfusion. So stehe man heute vor neuen Gefährdungen, denn kein einziges AKW sei gegen einen Terrorangriff oder einen Flugzeugabsturz geschützt.
Seit dem Beitritt Österreichs seien eine halbe Milliarde aus Steuergeldern an EURATOM geflossen. Dass die Gelder für Sicherheit und Abfallentsorgung aufgewendet würden, sei ein vorgeschobenes Argument, stellte die Abgeordnete fest, tatsächlich gingen die Mittel in die Produktion von Atomstrom. Bis die Kernfusion marktreif sein werde, brauche es noch rund 40 Jahre. Daher sei es dringend notwendig, in erneuerbare Energien zu investieren.
Dem Argument, man müsse bei EURATOM bleiben, um mitreden zu können, konnte Glawischnig-Piesczek nichts abgewinnen. Der ÖVP warf sie in diesem Zusammenhang eine doppelbödige Rolle vor, die Volkspartei verhalte sich in den europäischen Gremien anders als zu Hause. Insbesondere kritisierte sie Abgeordneten Wolfgang Schüssel, der nun im Aufsichtsrat eines der größten Atomriesen sitzt, was sie, Glawischnig-Piesczek als unvereinbar mit einem Mandat im Österreichischen Nationalrat sah. Die Situation grenze an "politische Korruption", sagte sie wörtlich. Der Regierung insgesamt hielt sie entgegen, dass sie die Möglichkeit versäumt habe, gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren nach der Laufzeitverlängerung für die AKW zu initiieren.
Die österreichische Antiatompolitik dürfe nicht an der Grenze halt machen, so Glawischnig-Piesczek weiter. Es lägen Beschlüsse aller Landtage zum Ausstieg aus EURATOM vor. Die Bundesregierung müsse endlich auf dieses starke Votum der Länder, aber auch auf die Forderungen der Gemeinden und der Bevölkerung insgesamt reagieren. Der Hinweis auf zwei Rechtsgutachten, wonach der Ausstieg aus EURATOM nicht möglich sei, sei nur eine Meinung, denn es lägen drei andere Rechtsgutachten vor. Der Ausstieg aus einer Teilorganisation der EU wäre ein Novum und würde Dynamik in die Diskussion bringen, meinte Glawischnig-Piesczek, aber die Regierung wolle das nicht einmal versuchen. In ihren Augen zeige damit die Regierung die "übliche Feigheit in der Antiatompolitik".
Bundesminister Nikolaus BERLAKOVICH bekräftigte, dass Österreich gegen die Nutzung von Atomkraft ist. Die gemeinsame Position der Bundesregierung habe sich nicht geändert, die Kernenergie ist in ihren Augen keine nachhaltige Form der Energiegewinnung und damit auch keine Option für Energiegewinnung. Der Minister wies damit auch alle Vorwürfe gegen die OVP dezidiert zurück. Er sei der erste in der EU gewesen, der gegen die Verlängerung der Laufzeit deutscher AKWs protestiert habe, und er habe auch erreicht, dass Deutschland Österreich ständig Rede und Antwort stehe und für einen maximalen Schutz sorge. Er habe auch alle rechtlichen Fragen prüfen lassen und dabei habe sich herausgestellt, dass es für ein Vertragsverletzungsverfahren derzeit keinen Rechtstitel gibt. Österreich habe auch verhindert, dass bei der Weltklimakonferenz in Cancun die Atomkraft als nachhaltige Energieform gefördert wird. In Österreich liege der Anteil an erneuerbarer Energie bei 30% und sein Fernziel sei es, ein energieautarkes Österreich zu schaffen.
Der Minister ging dann näher auf die Möglichkeit eines Ausstiegs aus EURATOM ein und stellte dazu fest, ein solcher Ausstieg würde nicht zu weniger Kernenergie in Europa führen. Die Option des Ausstiegs sei auch rechtlich geprüft worden. Laut Ergebnis könne man nur insgesamt aus der EU austreten, wofür weder die ÖVP noch die gesamte Bundesregierung stünden. Die Haltung der Regierung habe daher nichts mit Mutlosigkeit zu tun, sondern mit Hausverstand. Für den Umweltminister ist es auch wichtig, am Tisch zu sitzen und mitzureden und dadurch etwa für höhere Sicherheitsstandards zu sorgen. Auf Betreiben Österreichs zum Beispiel mussten die neuen Mitgliedsländer veraltete Reaktoren auf ihrem Hoheitsgebiet schließen. Österreich habe auch darauf gedrängt, dass nunmehr einheitliche Grenzwerte für das Strahlenschutzniveau eingeführt werden und eine Richtlinie für nukleare Sicherheit geschaffen wurde. Die gemeinsame Forschungsstelle mit der Kommission dürfe sich nur mehr auf die Sicherheitsaspekte beziehen, informierte Berlakovich, und dies gehe auf eine Vetodrohung Österreichs zurück. Das zeige, dass ein Austritt aus EURATOM keinen Sinn ergebe, und der Vorwurf, Österreich sitze nur passiv in den Gremien, haltlos sei. Man würde sich auch keine Beiträge ersparen, denn es gebe nur ein einheitliches EU-Budget. Wenn Österreich nicht mehr Mitglied wäre, dann gebe es bei EURATOM eine atomkritische Stimme weniger, warnte Berlakovich.
Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) widersprach dem Minister heftig. Ziel des EURATOM-Vertrags sei es keineswegs, in Sicherheit und Forschung zu investieren, sondern eine mächtige Kernindustrie zu schaffen. EURATOM sei nicht zukunftsfähig, es löse nicht das Abfall- und Sicherheitsproblem und auch die Energieversorgung sei durch EURATOM nicht gesichert. Die genannten Sicherheitsstandards seien eher harmlos und Deutschland hätte eine Mitteilungspflicht an die anderen Länder gehabt, konterte Brunner. Die G-Abgeordnete kritisierte, dass der Minister das Gutachten, worauf er sich immer bezieht, dem Parlament nicht zur Verfügung stellt. Auch Brunner übte Kritik am ehemaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, denn dieser habe zugestimmt, die Atomtechnologie als Low-Carbon-Technology zu betrachten, was zu großen Problemen bis heute geführt habe. Brunner vertrat die Ansicht, man könne aus EURATOM austreten und habe die Möglichkeit, weniger Beiträge zu zahlen.
Abgeordnete Petra BAYR (S) zeigte großes Verständnis für die Sorgen der Bevölkerung. Der innerstaatliche Konsens zur Anti-Atompolitik sei ungebrochen, es werde aber immer schwieriger in Europa, dafür Verbündete zu finden, gab sie zu bedenken. Sie glaube nicht, dass man aus EURATOM austreten kann, denn die EU stelle eine administrative Einheit dar und verfüge über ein einheitliches Budget. Den EU-Gegnern warf sie vor, die Atomgegner für ihre Zielsetzung zu vereinnahmen, und nannte dieses Vorgehen "politisch schäbig". Bayr hielt es auch nicht für sinnvoll, Beiträge zu zahlen, ohne mitzureden und sah sich in dieser Auffassung von Greenpeace bestätigt. Sie würde auch für eine Neufassung des EURATOM-Vertrags plädieren, und zwar mit dem Ziel, den Schutzzweck auszubauen und den Förderungszweck zu eliminieren. Ihrer Meinung nach sollte auch das Europäische Parlament die Möglichkeit der Mitbestimmung haben. Bayr zeigte sich aber realistisch, dass es dafür derzeit in Europa keine Mehrheit gibt. Bleibt man aber drinnen, so könne man aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips Fehlentwicklungen verhindern, sagte Bayr, die vehement für die Forcierung der Sonne als Energiequelle eintrat. Atomenergie sei nicht billig, sondern teuer und gefährlich und das Endlagerproblem sei weiterhin ungeklärt, schloss Bayr.
Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) teilte die Auffassungen Bayrs weitgehend und bedauerte, dass Österreich mit seiner strikten Atompolitik allein auf weiter Flur stehe. Ein EURATOM-Austritt mache keinen politischen Sinn, Österreich würde sich dadurch keinen Cent ersparen, argumentierte der ehemalige Wirtschaftsminister. Wie seine Vorrednerin plädierte er für eine Reform des Vertrags, der undemokratisch sei, aber dafür gebe es derzeit keine ausreichende Unterstützung. Auch er sei der tiefen Überzeugung, dass die Kernenergie keine nachhaltige Energieerzeugung darstellt, aber auch mit dieser Meinung sei man in Europa isoliert. Er glaubte auch nicht, dass Europa ohne EURATOM heute frei von Kernenergie wäre. Man müsse daher am Boden der Realität bleiben. Außerdem müsse man bedenken, dass für die nächste Zeit noch immer fossile Energieträger als Alternative zur Atomenergie herhalten müssen. Er halte es für gut und richtig, dass jeder Mitgliedsstaat über seinen Energiemix selbst entscheiden kann, dass aber kein Mitgliedsstaat diesbezüglich Vorschriften machen kann. Es gelte, ein Maximum an Sicherheit zu gewährleisten, und EURATOM sei dafür ein wichtiges Vehikel, meinte Bartenstein.
Abgeordneter Norbert HOFER (F) erinnerte an einen mit SPÖ-Mehrheit gefassten Beschluss des burgenländischen Landtags auf Ausstieg aus dem Vertrag und vermisste eine klare Stellungnahme des Bundeskanzlers dazu.
Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) äußerte sich im Sinn seines Vorredners und gab ebenfalls zu bedenken, sämtliche Landtage und zahlreiche Gemeinden unterstützten mittlerweile die Forderung nach einem Ausstieg, einzig die Bundesspitze von ÖVP und SPÖ würde noch dagegen halten. Nach Ansicht des Redners gehe es jedenfalls nicht an, für einen unnützen Vertrag zu zahlen, bei dem Österreich überdies auch keinerlei Mitsprache habe. Insgesamt warf Widmann der Regierung völliges Versagen in der Anti-Atompolitik vor.
Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) erklärte den Umweltminister für unglaubwürdig und meinte, man könne nicht für Energieautarkie eintreten und gleichzeitig gegen den Austritt aus EURATOM sein. Er forderte Berlakovich auf, endlich mutige Schritt in Europa zu setzen, und verlangte weiters vom Bundeskanzler die Vorlage des Gutachtens. Pirklhuber drückte darüber hinaus seine Hoffnung auf eine massive Beteiligung am Volksbegehren aus und plädierte für die Abhaltung einer Volksabstimmung zum Thema EURATOM.
Abgeordneter Josef CAP (S) stellte fest, am Grundkonsens in Sachen Atomkraft habe sich nichts geändert. Er rief allerdings zu Realismus und Pragmatismus auf und sprach sich primär für einen EU-Beschluss auf Abhaltung einer Revisionskonferenz bezüglich des Vertrages aus. Ein Austritt wäre illusorisch, müssten doch alle 26 Mitgliedstaaten diesem Schritt Österreichs zustimmen, argumentierte er. Eine gangbare Variante, Sand ins Getriebe der Atomlobby zu streuen, wäre es nach Ansicht Caps auch, die Frage der Subventionen für die Atomenergie zum Gegenstand einer europäischen Bürgerinitiative zu machen, oder die Sicherheitsanforderungen für AKWs anzuheben.
Abgeordneter Erwin HORNEK (V) deponierte auch seinerseits ein Nein zur Atomkraft und trat für eine konsequente Fortsetzung des österreichischen Wegs in der Energiepolitik mit den Schwerpunkten Steigerung der Energieeffizienz und Forcierung der erneuerbaren Energie ein. Hornek wünschte ebenfalls eine Reform des Vertrags im Sinne der österreichischen Interessen, meinte aber, dazu müsse man Vertragspartner bleiben.
Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) beklagte einen Stillstand in der Anti-Atompolitik und übte massive Kritik am EURATOM-Vertrag. Er vermisste insbesondere Transparenz und bemängelte, das Europäische Parlament habe keinerlei Mitspracherechte bei der Vergabe von Krediten an die Atomwirtschaft. Der Redner verwies zudem auf Gutachten heimischer Universitätsprofessoren, denen zufolge ein Ausstieg Österreichs aus dem Vertrag ohne einen EU-Austritt durchaus möglich sei.
Abgeordneter Robert LUGAR (B) machte den EURATOM-Vertrag für die derzeitige Renaissance der Atomenergie verantwortlich. Er sprach vor allem die Kostenfrage an und kam zu dem Schluss, neue AKW seien längst nicht mehr wirtschaftlich, alternative Energien wären bei Vollkostenrechnung heute bereits günstiger. Er forderte die Regierung auf, aus dem Vertrag auszusteigen und das Geld für alternative Energien einzusetzen.
Abgeordnete Ursula PLASSNIK (V) warf der Opposition vor, nach dem Motto "als das Wünschen noch geholfen hat", Unmögliches zu verlangen, und warnte, die Forderung nach einem Ausstieg würde in eine Sackgasse führen. Als realistischen Weg empfahl sie Österreich, die Abhaltung einer Revisionskonferenz über den Vertrag anzupeilen, wies allerdings auf die dafür notwendige Mehrheit in der EU hin. Für wichtig hielt es die Rednerin vor allem, sich auf EU-Ebene für schärfere Sicherheitsanforderungen bei AKW einzusetzen, wobei sie in der Abschaltung von Kosloduj und Ignalina auch einen Erfolg der österreichischen Bemühungen sah.
Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) begrüßte das zum EURATOM-Ausstieg initiierte Volksbegehren und bedankte sich bei allen, die es ermöglicht haben. Sie hielt es für eine "pure Heuchelei", sich gegen Atomkraft auszusprechen, sie aber dennoch mitzufinanzieren. Die Zukunft liege in den erneuerbaren Energien, zeigte sich Gartelgruber überzeugt, die derzeit für EURATOM aufgebrachten Mittel wären deshalb besser in den Ausbau dieses Sektors investiert. Trotz aller Argumente gegen Atomenergie sei Bundeskanzler Werner Faymann aber zum Schweigen gezwungen: Anders könne man sein Verhalten angesichts der klaren Position seiner ParteikollegInnen in den Ländern schließlich nicht bewerten, schloss sie.
Auch B-Mandatar Gerald GROSZ bedauerte, dass der Bundeskanzler zum Thema im Nationalrat nicht Stellung nehme. Es sei "schlichtweg pervers", ein Sparpaket zu schnüren, aber 40 Mio. € jährlich für die EURATOM-Mitgliedschaft und die Förderung einer abzulehnenden Technologie aufzubringen. Mit diesen Mitteln finanziere man schließlich auch die "Schrottreaktoren" der Nachbarländer, die eine Gefahr für Leib und Leben der österreichischen Bevölkerung darstellten. Ein Austritt aus EURATOM komme nicht, wie Berlakovich ausgeführt hatte, einem Austritt aus der Europäischen Union gleich: Es gebe schließlich die Möglichkeit, Ausnahme- und Übergangsregelungen auszuverhandeln. Das Volksbegehren zu diskreditieren, wie es V-Abgeordnete Ursula Plassnik getan habe, sei außerdem nicht der richtige Weg, mit der Kritik an EURATOM umzugehen.
Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) meinte, die Bundesregierung wolle nicht wahr haben, dass die Opposition mit ihren Argumenten Recht habe. Man bewege sich schließlich lieber "im Kreis". Sein Pflichtprogramm verfolge der Umweltminister zwar, bei der "Kür" fehle es ihm aber am erforderlichen Elan, stellte Deimek fest. Das von Berlakovich vorgebrachte Argument, dass Österreich im Falle eines Austritts aus EURATOM wertvolle Mitspracherechte verliere, konnte er außerdem nicht nachvollziehen. Deimek plädierte vor diesem Hintergrund für mehr Ehrlichkeit der Bundesregierung und einen raschen Ausstieg aus dem für Österreich nicht nutzbringenden Vertrag.
B-Mandatar Christoph HAGEN hielt Umweltminister Berlakovich Zitate seiner ParteikollegInnen aus den Ländern entgegen, die EURATOM-Gegner tatkräftig unterstützten. Die ÖVP solle, wie Hagen ausführte, besser "mit einer Stimme" sprechen.
Auch G-Abgeordnete Gabriela MOSER konnte das Schweigen des Bundeskanzlers zum Thema EURATOM nicht verstehen. Angesichts der Tatsache, dass 40 Mio. € in vielen anderen Politikbereichen fehlten, sei nicht einsehbar, dass man dieses Geld in eine Mitgliedschaft investiere, die der Förderung der Kernkraft diene. Es gebe schließlich keine sicheren Endlager und Atomkraftwerke, stellte Moser fest. Man müsse deshalb aktiv mitgestalten, wo es um erneuerbare Energien gehe, nicht aber dort, wo man nur eine veraltete, "brandgefährliche" Technologie fördere. Ein Ausstieg aus EURATOM sei möglich und notwendig, stand für sie außer Frage.
Bei der Abstimmung verfehlte der Dringliche Antrag der Grünen jedoch die erforderliche Mehrheit.
Kurzdebatte: BZÖ will Rechnungshofempfehlungen rasch umsetzen
B-Mandatar Christoph HAGEN hielt in Begründung des Fristsetzungsantrags seiner Fraktion fest, dass es nach eineinhalb Jahren hoch an der Zeit sei, bei den ÖBB die Empfehlungen des Rechnungshofs umsetzten. Besonders was das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei den Bundesbahnen anbelange, gelte es aktiv zu werden: Es sei viel zu niedrig und verursache enorme Kosten für die SteuerzahlerInnen. Dass man bei den ÖBB Menschen in relativ jungen Jahren gezwungenermaßen in Pension schicke, sei weder für die Betroffenen noch für die österreichische Bevölkerung tragbar, konstatierte er. Das Management der Bundesbahnen habe "komplett versagt" – eine Auffassung, die auch Rechnungshof und Staatssekretär Reinhold Lopatka teilten. Angesichts einer Steuer- und Abgabenquote von 45 % und mehr könne man den BürgerInnen schließlich nicht erklären, warum man für den "Privilegienstadl" ÖBB aufkommen soll. Das BZÖ sage deshalb ganz klar: "Genug gezahlt!"
Abgeordneter Wilhelm HABERZETTL (S) meinte, der Antrag stamme aus dem Jahre 2009 und "genauso alt sehe er auch aus": Die angesprochenen Privilegien seien entweder schon Geschichte oder Gegenstand von Reformen. Was die Pensionierungen anlange, wären die meisten in den Jahren 2003 bis 2006 – und damit unter Verkehrsminister Hubert Gorbach – vorgenommen worden. Die Kritikpunkte des Rechnungshofes hielt Haberzettl für bereits aufgearbeitet.
Scharfe Kritik an seinem Vorredner übte ÖVP-Abgeordneter Ferdinand MAIER: Dieser trage schließlich Mitschuld an der Ausverhandlung jener "unappetitlichen Regelung", deren Kosten der Steuerzahler nun zu tragen habe. Der Bericht des Rechnungshofes lasse die österreichischen Bundesbahnen im Licht einer "Baustelle" erscheinen. Die Privilegien der ÖBB gelte es deshalb abzuschaffen. Den derzeitigen Generaldirektor der ÖBB hielt Maier für einen "Vodoo-Ökonomen" und "Zahlenjongleur": Man werde ihn aber an seinen Taten messen, stellte der Redner fest. Der Fristsetzungsantrag sei dennoch nicht geeignet, die wichtigsten Punkte gelte es in der kommenden Kollektivvertragsverhandlung zu regeln, schloss Maier.
Den Schlagabtausch zwischen SPÖ und ÖVP bewertete F-Mandatar Gerhard DEIMEK als weiteres Anzeichen dafür, dass die Bundesregierung aus zwei Teilen bestehe, die gegeneinander agierten. Was die ÖBB anbelange, führe man eine bloße Schuldendiskussion und blicke nicht auf die tieferliegenden Ursachen der Misere. Im operativen Bereich liegen, wie Deimek ausführte, aber noch einige "Hunde begraben": Beim Personal weisen die Bundesbahnen einen Überhang an Beamten zwischen 40 und 50 Jahren auf, die nicht mehr operativ eingesetzt werden können. Das gelte es zu bereinigen, auch wenn das volkswirtschaftlich problematisch sei. Insgesamt sprach sich Deimek für eine versachlichte, punktgenaue Diskussion der Materie aus.
G-Mandatarin Gabriela MOSER kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion zum vorliegenden Fristsetzungsantrag an, auch wenn er das Problem auf die Pensionsregelung zuspitze und damit ein wenig zu kurz greife. Natürlich gelte es aber auch hier einzugreifen, denn mittelfristig komme man an der Implementierung eines dreigliedrigen und damit gerechten Pensionssystems nicht vorbei, stand für Moser außer Frage. Das mittlere Management der ÖBB sei es schon lange abgehoben. Moser drängte deshalb auf eine systematische, langfristige Reform der Bundesbahnen, wie vom Nachbarn Schweiz vorgezeigt. Dafür sollte man einen Zeitrahmen von zehn Jahren ins Auge fassen, meinte Moser.
B-Abgeordneter Gerald GROSZ stimmte der Analyse seiner Vorrednerin zu und forderte alle Parteien dazu auf, der Fristsetzung stattzugeben.
Der diesbezügliche Antrag des BZÖ fand jedoch keine Mehrheit. (Schluss Dringlicher Antrag/Kurzdebatte, Fortsetzung Nationalrat)